Dem Schnellzement auf den Grund gehen
FAU-Wissenschaftlerin entschlüsselt Mechanismus für verzögerte Zementerhärtung
Wer Zement mit Wasser anrührt, bekommt eine sogenannte Zement-Wasser-Paste. Sollen mit dieser Paste Gebäude saniert, Straßen oder Brücken repariert werden, muss sie fließfähig gehalten werden. Das geht zum Beispiel mit Phosphorsäure. Wie das genau bei Calciumaluminat-Zement, einem Bestandteil von Schnellzement funktioniert, war lange nicht bekannt – bis jetzt: eine Forscherin der FAU, hat den Mechanismus, der dahintersteckt, entschlüsselt. Ihre Ergebnisse hat sie in der Zeitschrift „Cement and Concrete Research“ veröffentlicht (DOI: 10.1016/j.cemconres.2019.04.020).
Eine Zementpaste härtet aus, weil sich bei der Mischung mit Wasser neue Mineralkristalle bilden, die Wasser einbauen, und sich ineinander verzahnen und so für Festigkeit sorgen. Dieser Prozess kann verzögert werden, indem der Masse beispielsweise Phosphorsäure beigemischt wird.
Die Phosphorsäure in der Calciumaluminat-Zementmischung bewirkt, dass sich der sonst eigentlich alkalische pH-Wert ändert. Solange dieser Wert verändert ist, kann die Zementpaste nicht aushärten. Dies führt also dazu, dass sie länger verarbeitbar bleibt, so das Ergebnis von Tanja Manninger, Lehrstuhl für Mineralogie.
Die Verzögerung entschlüsseln
Aber wie verhält sich der fertige Calciumaluminat-Zement, dessen Erhärtung durch Phosphorsäure verzögert wurde – ist er möglicherweise weniger stabil? Jede Zementmischung besitzt im Endprodukt einen typischen Mineralbestand und ein Kristallgefüge, welche die Festigkeit mitbestimmen. Diese sollten auch gleich sein, wenn der Calciumaluminat-Zement mithilfe von Phosphorsäure länger fließfähig gehalten wurde. In mehreren Experimenten hat Tanja Manninger herausgefunden, dass der mit Phosphorsäure versetzte und der normale Calciumaluminat-Zement sich mineralogisch gleich verhalten.
Um den dahintersteckenden Mechanismus zu entschlüsseln, untersuchte die FAU-Wissenschaftlerin den Zement auf drei unterschiedliche Arten – zum Beispiel mithilfe eines Röntgendiffraktometers: Ein Röntgenstrahl wird dabei auf die Probe gerichtet und die darin enthaltenen Kristalle erzeugen unterschiedliche Beugungsmuster, die gemessen werden. Anhand dieser können die verschiedenen Kristalle, die sich in der Masse bilden, identifiziert werden.
Zwischen den Kristallen, in den sehr feinen Poren des Zements, befindet sich während der Aushärtung Wasser. In einem weiteren Versuch hat Tanja Manninger dessen Ionenzusammensetzung analysiert, um die Minerale zu identifizieren, die sich daraus bilden können. Übt eine Presse einen hohen Druck auf den Zementstein aus, wird das Wasser herausgepresst. Dabei wird ein Zementstück, das etwa so groß ist wie ein halbes Wasserglas, um mehr als die Hälfte zusammengedrückt: „Ganz ähnlich wie der Riese aus dem Märchen ‚Das tapfere Schneiderlein‘, der den Stein zusammenpresst, bis Wasser herausfließt“, sagt Tanja Manninger. In einem dritten Schritt hat sie außerdem die Wärmeentwicklung während der Reaktion mit einem Kalorimeter gemessen. Dazu wird der angerührte Calciumaluminat-Zement in einer Kapsel in das stark isolierte Gerät gestellt. Die abgegebene Wärme wird dabei als elektrisches Signal gemessen. Auf diese Weise konnte Tanja Manninger genau herausfinden, wann die Reaktion beginnt, aufhört und ob die zwei Zementmischungen gleich viel Wärme währenddessen entwickeln.
Die Methoden zeigten: Der verzögerte Calciumaluminat-Zement weist zum Schluss die gleichen Minerale auf wie der Baustoff ohne Phosphorsäurezusatz.
Weitere Informationen:
Tanja Manninger
Tel.: 09131/85-23987
tanja.manninger@fau.de