Mehr als nur irgendetwas mit Politik

Portraitbild von Johanna Scholz: Sie ist an eine Wand mit bunten Verzierungen gelehnt. Im Hintergrund sieht man noch israelische Gebäude.
Für ihren Beruf reist FAU-Alumna Johanna Scholz regelmäßig nach Tunesien. (Bild: Jesser Lahdhiri)

FAU-Alumna Johanna Scholz berichtet von ihren Berufserfahrungen

Was macht man eigentlich nach seinem Politikstudium? Wahrscheinlich irgendetwas mit Politik? Oder man gründet wie FAU-Alumna Johanna Scholz sein eigenes Unternehmen. Von ihren Berufserfahrungen hat sie beim Karriere-Treff „Politikwissenschaft als Berufung“ berichtet. Im Nachgang haben wir uns mit ihr genauer über ihre Tätigkeit unterhalten.

Frau Scholz, was haben Sie studiert und wo arbeiten Sie?

Ich habe in Erlangen Politikwissenschaft und Orientalistik studiert und mich Anfang 2019 selbstständig gemacht. Ich bin Mitgründerin von NELYA, einem sozialen Startup, das auf die Zusammenarbeit mit Tunesien spezialisiert ist. Gemeinsam mit unseren Partnern entwickeln wir Konzepte für einen alternativen Tourismus, die die lokale Wertschöpfung in Tunesien stärker fördern sollen. Bisher ist das Land ja vor allem für Pauschalurlaub am Strand bekannt. Unser Netzwerk möchten wir auch dazu nutzen, um Investoren ins Land zu holen und unsere Einblicke und Begegnungen mit gleichgesinnten Reisenden zu teilen. Wir sind quasi Brückenbauer über das Mittelmeer.

Und wie sind Sie zu Ihrer heutigen Tätigkeit gekommen?

Ich war schon immer jemand, der gerne selbstständig Projekte angeht und auch viel im Ausland unterwegs ist. Tunesien hat mich auf Grund der zivilgesellschaftlichen Dynamik im Kontext der Revolution sowie der vielfältigen Kultur einfach fasziniert. Die Tunesier wachsen mit Arabisch und Französisch auf, Couscous und Datteln finden sich am Markt neben Baguette und Ricotta. Es gibt unglaublich viel zu entdecken und auch die Zusammenarbeit mit Europa diversifiziert sich zunehmend. Diese Entwicklung möchten wir gerne durch unsere Landesexpertise und Mehrsprachigkeit mitgestalten.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Meine Arbeitstage sind sehr unterschiedlich, da ich abwechselnd in Deutschland und in Tunesien arbeite. In Tunesien treffe ich Kooperationspartner und erkunde Regionen, die bislang noch nicht auf der touristischen Landkarte zu finden sind. In Deutschland verbringe ich mehr Zeit am Computer und kümmere mich um konzeptionelle und organisatorische Aufgaben. Aktuell schreibe ich zum Beispiel die Texte für unsere Webseite und bereite das Programm für unsere erste Reisegruppe vor.

Was macht Ihnen an Ihrer Tätigkeit besonders Spaß?

Mich begeistert vor allem die Gestaltungsfreiheit, die ich als Firmengründerin habe. Ich kann jeden Tag selbst darüber entscheiden, welche Aufgaben ich anpacke. Außerdem lerne ich viele interessante Menschen und spannende Projekte kennen und mache laufend neue Erfahrungen.

Und was finden Sie herausfordernd?

Dass der Tag trotz allem nur 24 Stunden hat. Gerade in der Anfangsphase gibt es viel zu erledigen und ich arbeite auch abends und an den Wochenenden. Allerdings nehme ich mir dafür auch manchmal unter der Woche frei und gehe vormittags zum Sport, wenn andere im Büro sitzen.

Welche Fähigkeiten muss man für eine Unternehmensgründung mitbringen?

Generell sollte man Organisationsgeschick und Eigeninitiative mitbringen und auch bereit sein, öfter ins kalte Wasser zu springen. Es nimmt einen niemand an der Hand oder macht einem Vorgaben, was wann und wie erledigt werden muss. Angesichts der vielen unterschiedlichen Aufgaben ist es wichtig, immer den Überblick zu behalten. Und letztlich ist auch einiges an Geduld notwendig, da die meisten Dinge mehr Zeit brauchen, als man vielleicht möchte.

Wie war Ihre berufliche Laufbahn bis Sie zu Ihrer jetzigen Tätigkeit gekommen sind?

Nach meinem Abschluss habe ich zwei Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin für einen Abgeordneten des Bayerischen Landtags gearbeitet. Ich habe politische Sachverhalte erarbeitet, Anträge an die Staatsregierung verfasst, Veranstaltungen organisiert und mich mit den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger befasst. Insbesondere vor dem Hintergrund der politischen Debatten rund um das Thema Integration war das eine sehr spannende und ereignisreiche Zeit.

Welche Tipps können Sie rückblickend auf Ihre Erfahrungen Studierenden für den Berufseinstieg geben?

Ich finde es wichtig, sich nicht zu stark von den vermeintlichen Vorgaben des Arbeitsmarkts abhängig zu machen. Natürlich sollte man die Anforderungen realistisch einschätzen, aber in erster Linie sollte man dafür sich selbst gut kennen. Beschäftige ich mich gerne intensiv mit einer Tätigkeit oder bin ich eher generalistisch veranlagt? Bin ich der geborene Netzwerker oder sitze ich lieber alleine am Schreibtisch? Um für eine Bewerbung konkrete Anknüpfungspunkte zu finden, ist die Frage, wie man arbeiten möchte – aus meiner Sicht – genauso wichtig, wie die Frage nach dem Was.


Wer Interesse hat, sich bei NELYA einzubringen oder sich austauschen möchte, kann die FAU-Alumna gerne unter scholz@nelya.org kontaktieren.