Grundlagenforschung an Grenzflächen
Besondere Kooperationskultur
Seit Februar 2019 leitet Prof. Dr. Jörg Libuda den neu eingerichteten Lehrstuhl für Katalytische Grenzflächenforschung am Department Chemie und Pharmazie. Neu ist der gebürtige Bochumer an der FAU nicht. Schon vor 13 Jahren zog es ihn hierher. Dass er einem Ruf an die Freie Universität Berlin und die Berliner Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung nicht folgte, sondern an der FAU blieb, hat für ihn einen triftigen Grund: „Die Kooperationskultur ist ein ganz besonderes Merkmal dieser Universität.“ Die meisten seiner Projekte sind interdisziplinär und Chemiker, Physiker, Ingenieure und Materialwissenschaftler seien „in nahezu idealer Weise miteinander vernetzt.“
Reaktionen sichtbar machen
Jörg Libuda betreibt Grundlagenforschung zu sogenannten Grenzflächenprozessen. Was damit gemeint ist? Er greift in eine Schreibtischschublade und legt ein Stück blaue Kreide auf den Tisch. „Eine Grenzfläche im chemischen Sinn ist die äußerste Atomschicht der Kreide. Genau diese Atome interessieren uns. Die chemischen Reaktionen, die dort stattfinden, wollen wir verstehen.“ Für das menschliche Auge ist diese Atomlage als solche natürlich nicht sichtbar. Gearbeitet wird mit spektroskopischen Verfahren, die die Reaktionen an der äußersten Atomschicht sichtbar machen, zum Teil unter echten Prozessbedingungen, zum Teil im extremen Vakuum, um jede Verunreinigung auszuschließen.
Energiespeicher verbessern
Im Zentrum der Forschung steht die Katalyse, das heißt die Beschleunigung und die Steuerung chemischer Reaktionen, mit dem Ziel, Prozesse in der Umwelttechnik, der chemischen Industrie und der Energietechnik besser zu verstehen. Wobei Letzterem Libudas besonderes Forschungsinteresse gilt: „Die große Herausforderung der Energiewende liegt in der Speicherung und Transformation erneuerbarer Energien“, sagt der Forscher. So untersucht er zusammen mit weiteren Arbeitsgruppen an der FAU chemische Konzepte zur Energiespeicherung, die die Umwandlung und Speicherung von Sonnenenergie in einem einzigen Molekül vereinen. „Das Molekül nimmt das Sonnenlicht auf und wird ähnlich wie eine Feder in einem Uhrwerk aufgezogen. So wird die Energie gespeichert und bei Bedarf auch wieder freigesetzt“, erklärt Libuda. Die Ergebnisse könnten in Zukunft sogar zum Bau einer „energiespeichernden Solarzelle“ führen. „Die Solarzelle bauen wir aber nicht. Wir sind Grundlagenforscher – uns interessiert die Chemie dahinter.“
Angesiedelt ist Libudas Lehrstuhl am „Erlangen Catalysis Resource Center“ (ECRC), einem interdisziplinären Forschungszentrum der FAU, das er zusammen mit Prof. Dr. Martin Hartmann leitet. „Unser Ziel ist es, mit dem ECRC die Katalyseforschung an der FAU so aufzustellen, dass sie nach außen eine noch stärkere Sichtbarkeit entwickelt.“
FAU ein besonderer Ort
Dass Jörg Libuda und seine Mitarbeiter ständig spannende neue Projekte finden, zeigt eine aktuelle Kooperation mit dem Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energien, in der daran gearbeitet wird, wie man Züge in Zukunft auf nicht elektrifizierten Strecken mit chemisch gespeichertem Wasserstoff betreiben kann. „Mich als Grundlagenforscher begeistert es, hier dabei zu sein. Die FAU ist einer der wenigen Orte in Deutschland, wo eine solche Zusammenarbeit ganz selbstverständlich ist.“
Das FAU-Magazin alexander
Dieser Text erschien zuerst in unserem Magazin alexander. In der Ausgabe Nr. 110 blicken wir auf 100 Jahre WiSo zurück, durch Knochen hindurch und auf Fremd- und Selbstbilder. Außerdem geht es um Lehrförderung, Öl-Magneten und lebensgefährlichen Aberglauben.