Ein halbes Jahrhundert RRZE – Ein Gespräch über Technik und Veränderung

Dippel und Seidel am Tisch
Josephine Seidel, die jüngste unter den Mitarbeitern des RRZE, und Dieter Dippel, der am längsten dort arbeitet, im Doppelinterview. (Bild: FAU/Georg Pöhlein)

Treffen der Generationen

Ein halbes Jahrhundert Regionales Rechenzentrum Erlangen (RRZE). In dieser Zeit hat sich viel verändert in der Informationstechnologie. Ein Gespräch über Vergangenheit und Gegenwart, Technik und Veränderung mit dem dienstältesten Mitarbeiter und einer Auszubildenden am RRZE.

Herr Dippel, was verbinden Sie eigentlich mit dem Namen „CD 3300“?

Dippel: Die CD 3300 war einer unserer ersten Großrechner. Persönlich habe ich die CD 3300 nicht miterlebt, ich kam erst im Januar 1983 ans Rechenzentrum. Installiert wurde das raumgroße Gerät im Keller des damaligen Philosophiegebäudes. Schaut man 50 Jahre zurück, erscheint die damalige Computertechnologie fast mittelalterlich.

Dippel gestikuliert
Dieter Dippel arbeitet seit 1983 am RRZE. Seitdem hat er immer wieder die Einführung neuer Technik miterlebt. (Bild: FAU/Georg Pöhlein)

Sie sind einer der dienstältesten Mitarbeiter des RRZE…

Dippel: Meine Ausbildung zum Feinmechaniker habe ich 1971 begonnen. Als ich 1983 ans RRZE kam, bauten wir die Hardware teilweise noch selbst, jetzt liegt der Schwerpunkt des RRZE auf der Bereitstellung von IT-Dienstleistungen und Services für die FAU, aber auch für andere Einrichtungen. Stichworte dazu wären Datennetze und Kommunikationsmöglichkeiten, zentrale Server- und Cloud-Systeme, Web-Services, High-Performance-Computing, Multimedia-Dienste, Hard- und Software und vieles mehr. Mein Aufgabengebiet umfasst heute unter anderem die Versorgung der FAU mit Hardware am Arbeitsplatz einschließlich „Background“-Support. Dazu zählen europaweite Ausschreibungen und die Betreuung der Rahmenverträge.

Frau Seidel, Sie befinden sich am RRZE im dritten Ausbildungsjahr zur Fachinformatikerin mit Fachrichtung Systemintegration. Wie stellt sich der historische Großrechner für Sie als 19-Jährige dar?

Seidel: Teile davon wie etwa 19-Zoll-Schränke und Komponenten sind in der Informatiksammlung zu besichtigen. Wir Azubis bekommen unterschiedliche Führungen, diese beinhalten auch die Vorstellung der Zuse Z 23 in Betrieb.

Seidel im Gespräch
Josephine Seidel macht eine Ausbildung zur Fachinformatikerin Systemintegration am Rechenzentrum. Sie hat sich schon als Kind für Technik interessiert und programmiert leidenschaftlich gerne. (Bild: FAU/Georg Pöhlein)

Jene zimmergroße Rechenmaschine, die der Computerpionier Konrad Zuse entwickelte und die 1962 als erste elektronische Rechenanlage der FAU war. Ihre Kollegen haben das gute Stück in jahrelanger Arbeit wieder zum Laufen gebracht.

Dippel: Die Zuse Z 23 wird bei uns gepflegt und gehätschelt wie ein kleines Kind!
Seidel: Wir legen in unserer Ausbildung den Fokus eher auf aktuelle IT. Aber es ist schon faszinierend zu sehen, wie sich die Rechnertechnik weiterentwickelt hat.
Dippel: Heute hat jedes Smartphone mehr Leistung als ein solcher alter Hobel. Die Zuse Z 23 war aber, nicht nur in Deutschland, ein wichtiger Meilenstein der Computertechnik.

Was sagen Ihnen, Frau Seidel, Lochkarten, Kassette oder Diskette, einst wichtige Eingabemedien am RRZE?

Seidel: In meiner Ausbildung durfte ich einmal alte Lochkarten stanzen. Und es gibt auch Lochstreifen, mit denen man einen Song auf der Zuse Z 23 abspielen kann, das ist ein cooles Gimmick. Ich selbst bin noch mit Disketten aufgewachsen, weil ich zu Hause einen eher alten Rechner hatte.

Warum haben Sie sich für die Berufsausbildung am RRZE entschieden?

Seidel: Das RRZE steht für Diversity, und mich interessieren die wissenschaftlichen Anwendungen. Ich habe mich außerdem schon als Kind für Technik interessiert und meinen Klassenkameraden geholfen, wenn sie Computerprobleme hatten. Auf unserem Familienrechner habe ich immer allerlei ausprobiert und erkundet, was man mit dem Rechner alles tun kann und natürlich programmiert. Sehr spannend!
Dippel: Das kann ich nur bestätigen, Josi programmiert sehr gerne. Unser Ausbildungsspektrum zum Fachinformatiker Systemintegration ist sehr breit, es umfasst zum Beispiel die Kenntnis der Server- und Datennetzinfrastruktur und Betriebssysteme. Sämtliche IT-Systeme müssen administriert werden, am RRZE gestalten wir IT-Prozesse oder Webanwendungen für die gesamte Universität, ein fast unüberschaubares Portfolio an Themen.

Seidel und Dippel im Gespräch
Josephine Seidel, die jüngste unter den Mitarbeitern des RRZE, und Dieter Dippel, der am längsten dort arbeitet. (Bild: FAU/Georg Pöhlein)

Werfen Sie noch einmal ein Blick zurück. Erst 1971 ist das RRZE aus der Innenstadt an seinen heutigen Standort auf dem Südgelände gezogen.

Dippel: Als die Technische Fakultät aufgebaut wurde, war das RRZE in einem der ersten Gebäude des Südgeländes untergebracht, aber noch nicht im Gebäude Martensstraße 1. Dieses wurde nicht, wie man vermuten könnte, an das blaue Informatik-Hochhaus angebaut, sondern wurde vor diesem bezogen. Alte Bilder zeigen die riesige Baugruppe neben dem RRZE-Gebäude. Als erste Datenübertragungsleitungen dienten Teile der Telefonverkabelung zu Mathematikern und Physikern. Noch in den 1970er-Jahren liefen die Operateure im weißen Kittel durch die Großanlagen.
Seidel: Das kann man sich überhaupt nicht mehr vorstellen.
Dippel: Die gab es sogar noch bis Anfang der Neunziger. 1983 waren von etwa 50 Beschäftigen im RRZE ein Drittel Operateure, die im Zweischichtbetrieb arbeiteten und Großrechner bedienten. Als ich anfing, habe ich auch die Einführung der Mikrorechner und Workstations miterlebt und betreut.

Bereits in den achtziger Jahren begann der große Umbruch: Großrechner und Arbeitsplätze wurden über Datennetze miteinander verbunden, heute natürlich mit neuester Technologie. Was bedeutet für Sie der Wandel im RRZE?

Seidel: Beim Administrieren und Programmieren sind auch heute noch einige Befehlszeilen von damals aktuell und wichtig, das habe ich gelernt. Bevor ich mich mit Mausklicks durchhangle, schreibe ich lieber Befehlszeilen.
Dippel: Die IT ist nicht nur wesentlich leistungsfähiger, sondern für jedermann bezahlbar geworden. Der erste CD-Brenner, den ich angeschafft habe, kostete 8.000 D-Mark, ein CD-Rohling zwischen 40 und 80 D-Mark. Nebenbei bemerkt: Die ersten PCs haben wir bereits Ende der Achtziger miteinander vernetzt und an Server angebunden.

Was wünschen Sie beide dem Regionalen Rechenzentrum Erlangen zum 50. Geburtstag?

Seidel: Dass das RRZE auch weiterhin ein gutes Händchen bei der Auswahl der Mitarbeiter hat und dass wir alle uns dem Stand der Technik entsprechend weiterentwickeln. Für mich zählt der tolle Zusammenhalt, nicht das Geschlecht der Kollegen und Kolleginnen.
Dippel: Ich wünsche dem RRZE, dass alle jetzigen und zukünftigen Mitarbeiter Trends erkennen und innovativ bleiben, wenn es um den Einsatz neuer Technik geht. Und, ganz wichtig: Trotzdem den Blick über den Tellerrand auf andere, ebenfalls wichtige Dinge nicht vergessen!


Weitere Informationen zum 50-Jährigen Jubiläum unter: www.50-jahre.rrze.fau.de.

Die Ausstellung „Lieblingsstücke“ ist noch bis zum 21. Dezember 2018 im Rechenzentrum sowie in einer Online-Galerie zu sehen. Mehr Infos zur Ausstellung

Außerdem gibt es einen Geocach zu heben:


Das FAU-Magazin alexander

Magazin alexander 108 Cover

Dieser Text erschien zuerst in unserem Magazin alexander. Weitere Themen der Ausgabe neben 50 Jahre RRZE: Datenbanken in den Geisteswissenschaften, die Digital Tech Academy und der Elitestudiengang „Standards of Decision-Making Across Cultures“.

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Ausgewählte Themen aus dem alexander finden Sie auch unter fau.de/tag/alexander.