Was gute Schulen zu sehr guten Schulen macht
Von Gewinnern lernen
Gute Schulen verstehen es, junge Menschen zum Lernen zu motivieren. Doch wie gelingt das am besten? Darüber tauschen sich Experten beim regionalen Lernforum „Schulentwicklung“ am Montag, 9. Juli, an der FAU aus. Wir haben Dr. Klaus Wild, der sich mit diesem Thema am Lehrstuhl für Schulpädagogik mit dem Schwerpunkt empirische Unterrichtsforschung der FAU beschäftigt, gefragt.
Herr Dr. Wild, während der Tagung stellen Schulen, die mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet wurden, ihre Konzepte vor. Was läuft an diesen Schulen anders als an anderen Einrichtungen?
Diese Schulen schaffen es, ihre Schülerinnen und Schüler für das Lernen zu begeistern. Über die bloße Wissensvermittlung hinausgehend gelingt es an diesen Schulen, die individuellen, sozialen und schöpferischen Fähigkeiten auszubilden. Selbstständigkeit und verständnisintensives Lernen, Verantwortung und Leistungsbereitschaft werden hier gefördert. Die Auflösung starrer Unterrichtsformen und die Konzentration auf die individuelle Bildung und Entwicklung jedes Einzelnen sind Merkmale dieser Schulen. Zum pädagogisch herausragenden Schulprofil gehört hier neben gutem Unterricht auch ein gutes Schulklima, eine alltagsprägende Schulkultur, ein Gefühl der Zugehörigkeit und gegenseitiges Vertrauen. Diese Schulen zeichnen sich darüber hinaus auch durch eine führungsstarke, demokratische Organisation aus. Sie sind daher pädagogisch richtungsweisend und eine Inspiration für andere Einrichtungen.
Könnten die Ideen eine Art Blaupause für andere Schulen sein oder funktionieren sie nur an der jeweiligen Schule?
Damit diese Schulen mit ihrer innovativen Arbeit als Blaupause für andere Schulen wirksam werden können, brauchen sie öffentliche Aufmerksamkeit und Anerkennung. Deshalb haben die Robert Bosch Stiftung und die Heidehof Stiftung im Jahr 2006 den Wettbewerb des Deutschen Schulpreises ins Leben gerufen. Mit dem Preis wollen die Stiftungen pädagogische Leistung würdigen und für die Schulentwicklung in Deutschland insgesamt nutzbar machen. Grundlage des Wettbewerbs ist ein umfassendes Bildungsverständnis, das in den sechs Qualitätsbereichen zum Ausdruck kommt: Leistung, Umgang mit Vielfalt, Unterrichtsqualität, Verantwortung, Schulleben und Schule als lernende Institution.
Seit Jahren arbeite ich in der Jury des Deutschen Schulpreises mit und kann daher bestätigen, dass ein Transfer exzellenter Ideen und Konzepte möglich ist. Um den Wissenstransfer von den Preisträgerschulen zu anderen Schulen zu unterstützen, wurde vor einigen Jahren von den genannten Stiftungen die Deutsche Schulakademie gegründet. Sie stellt Materialien über gute Schulpraxis zur Verfügung, lädt zum Erfahrungsaustausch ein, berät zu Fragen der Schul- und Unterrichtsentwicklung und organisiert umfangreiche Schulentwicklungsprogramme und innovative Fortbildungsmaßnahmen wie das Lernforum Schulentwicklung an unserer Universität.
Mit diesen Angeboten, die von meiner Kollegin Prof. Dr. Monika Buhl von der Universität Heidelberg und mir im Regionalteam Süd – zuständig für Bayern, Baden-Württemberg und Hessen – der Deutschen Schulakademie konzipiert und koordiniert werden, sprechen wir bewusst auch solche Schulen an, die noch am Anfang stehen. Hier muss natürlich bedacht werden, dass den Lehrkräften als Expertinnen und Experten vor Ort die höchst anspruchsvolle Aufgabe verbleibt, das für ihre Schule Machbare an den Preisträgerschulen zu erkennen und umzusetzen.
Es ist während der Tagung viel die Rede von Führung, Mitwirkung und Zusammenarbeit, aber auch von Erfolgskontrolle. Wie ist es darum an Schulen bestellt? Und wie sollte es aus Ihrer wissenschaftlichen Sicht sein?
Für unsere Tagung haben sich über 170 Schulleitungen und Leitungsteams aus Nordbayern, Baden-Württemberg und Hessen angemeldet. Die hohe Resonanz zeigt, dass die angebotenen Themen an den Schulen eine große Rolle spielen.
In guten Schulen wird regelmäßig über kollegiale Leitung, Mitwirkung und Kooperation reflektiert. Über interne Evaluation wird die schulische Arbeit überprüft. Wir freuen wir uns darüber, dass das diesbezügliche Angebot unserer Kompetenzstelle für Schulentwicklung und Evaluation (KSE) stark nachgefragt wird: Zur innerschulischen Umsetzung der Tagungsthemen bieten wir das Konzept einer wahrnehmungs- und wertorientierten Schulentwicklung (WWSE®) an. Über 600 Bildungseinrichtungen in Deutschland, Österreich, Tschechien und der Schweiz haben in den vergangenen Jahren die Konzeption angefordert, angewendet und ihre Zielerreichung intern evaluiert. WWSE® zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass aktuelle Erkenntnisse der Schulqualitätsforschung und die Erfahrungen im Rahmen des Deutschen Schulpreises aufgegriffen werden. An diesen Schulen gelingt mittels der Survey-Feedback-Methode eine Verknüpfung von Forschung und Praxis. Aus meiner wissenschaftlichen Sicht ist dieses Verfahren eine wirkungsvolle Möglichkeit, dass die Themen der Tagung von den Beteiligten vor Ort aufgegriffen werden können.
Unsere Kompetenzstelle arbeitet eng mit der Deutschen Schulakademie zusammen. Mit Unterstützung erfahrener Expertinnen und Experten aus der Praxis und der Wissenschaft des Netzwerks werden erfolgreiche Konzepte aus der Praxis aufbereitet, praxisnahe Fortbildungsangebote organisiert und an Schulen, die mit uns kooperieren, umgesetzt.
Was wünschen Sie sich für Schulen in Deutschland?
Ich wünsche mir Schulen, die sich trotz aller Probleme im Sinne des Mottos des Deutschen Schulpreises „Dem Lernen Flügel verleihen“ auf einen nachhaltigen Weg machen und so zum Ziel der Deutschen Schulakademie „Mehr gute Schulen“ beitragen.
Organisiert wird das regionale Lernforum vom Regionalteam Süd der Deutschen Schulakademie und der Kompetenzstelle für Schulentwicklung und Evaluation der FAU – eine gemeinsame Einrichtung des Lehrstuhls für Schulpädagogik mit dem Schwerpunkt empirische Unterrichtsforschung sowie des Lehrstuhls für Religionspädagogik und Didaktik des evangelischen Religionsunterrichts: www.kse.phil.fau.de.
Weitere Informationen:
Dr. Klaus Wild
Tel.: 0911/5302-500
klaus.wild@fau.de