Oxidinseln bremsen Aufspaltung von Wasser
Veränderte Oberflächenlagen von Katalysatoren bestimmen Effizienz der Reaktion
Mit Hilfe der Elektrokatalyse kann überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien genutzt werden, um Wasser in seine Bestandteile zu zerlegen und damit die Energie chemisch als Wasserstoff zu speichern. Je besser der Katalysator, der dafür eingesetzt wird, desto effizienter und schneller ist der Prozess. Eine Forschergruppe aus Wissenschaftlern vom Max-Planck-Institut für Eisenforschung (MPIE), dem Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energien (HI ERN) sowie der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Ruhr-Universität Bochum (RUB) haben nun durch die Verwendung von atomar aufgelösten Mikroskopiemethoden herausgefunden, dass die Oberflächenlagen von Elektrokatalysatoren chemische Veränderungen aufweisen, die die Effizienz des Katalysators bestimmen. Den Forschern ist es daraufhin gelungen, diese Oberflächenlagen gezielt zu beeinflussen, um die Wasserelektrolyse zu beschleunigen. Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft. Diese Ergebnisse wurden nun im Fachblatt Nature Catalysis veröffentlicht.
Elektrokatalyse ist ein aus der Industrie nicht wegzudenkender Prozess, um elektrische Energie direkt in chemische Energie umzuwandeln. Dies wird zunehmend wichtig, da die Menge an elektrischer Energie, die aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird, nur bedingt den täglichen Verbrauchsschwankungen angepasst werden kann. Überschüssiger Strom kann somit zum Beispiel zur Wasserstofferzeugung aus Wasser verwendet werden, einem speicherbaren Energieträger mit enormen Potenzial für die Zukunft. Um die notwendige elektrochemische Trennung von Wasserstoff und Sauerstoff zu erleichtern, werden Elektrokatalysatoren verwendet.
Um aber effizientere Elektrokatalysatoren für die Energieumwandlung zu entwickeln, ist ein tiefes Verständnis des Zusammenhangs zwischen Oberflächenzusammensetzung und elektrochemischen Verhaltens während des Prozesses notwendig. Derzeit ist die Sauerstoffevolutionsreaktion („oxygen evolution reaction“, kurz OER) der bestimmende Schritt der Wasserelektrolyse. Dies ist zu einem großen Teil der Veränderung der Oberflächenzusammensetzung des Katalysators während dieser Reaktion geschuldet. „Iridium ist bekannt als Elektrokatalysator mit hoher Aktivität und Langzeitstabilität. Durch die Verwendung von Photoelektronenspektroskopie und einer elektrochemischen Durchflusszelle waren uns bereits Messungen zu elektronischen Eigenschaften, sowie Aktivität und Stabilität des sich bildenden Oberflächenoxids möglich“, sagt Dr. Olga Kasian, Wissenschaftlerin am MPIE.
Um dies im Lichte der atomaren Struktur des Katalysators interpretieren zu können, kombinierte die Forschergruppe diese Ergebnisse mit Atomsondentomografie. Untersucht wurden die besonders interessanten frühen Stadien des Betriebs, in denen eine erhöhte Aktivität festgestellt wurde, sowie die späteren Stadien in denen eine Verschlechterung des Umsatzes der OER beobachtet wird. Durch das nahezu atomare räumliche Auflösungsvermögen der Atomsonde konnten die dafür verantwortlichen Oberflächenstrukturen dreidimensional abgebildet werden, aufgelöst nach chemischen Elementen. Dr. Baptiste Gault, Gruppenleiter für Atomsondentomografie am MPIE, erklärt: „Unsere Untersuchungen zeigen, dass diese nanoskaligen Oxide sich vermehrt an Kristalldefekten wie beispielsweise Korngrenzen bilden. Selbst nach längerer OER bleiben die involvierten Wassermoleküle und Hydroxylgruppen assoziiert mit diesen Oxid-Clustern an der Oberfläche. Dies konnte durch Markieren mit Isotopen nachgewiesen werden. Die Veränderung dieser Oxidinseln ist dann am Ende verantwortlich für das Nachlassen der Aktivität.“
Das Team der Werkstoffwissenschaftler und Chemiker kommt daher zum Schluss, dass die Aktivität und Stabilität von Iridium während der OER stark von den nanoskaligen Änderungen der Oberflächenzusammensetzung abhängt. „Dieser innovative Ansatz, der aus der äußerst effektiven Zusammenarbeit zwischen FAU, HI-ERN, MPIE und RUB entsprungen ist, stellt eine bedeutende Grundlage für die Entwicklung von Materialsystemen und elektrochemischen Reaktoren für die Energieumwandlung und -speicherung dar“, ergänzt Prof. Dr. Karl J.J. Mayrhofer, Direktor des HI ERN und Professor für Elektrokatalyse an der FAU.
In der veröffentlichten Arbeit konnte nämlich auch gezeigt werden, wie die Kombination von elektrochemischen Messungen und Atomsondentomografie das Verständnis von Beziehungen zwischen Oberflächenstruktur, -zustand und -funktion in Elektrokatalyse verbessert werden kann. Dies ist eine Voraussetzung, um Wasserelektrolyse zu einer nachhaltigen Energiespeichertechnologie zu machen.
doi: 10.1038/s41929-018-0043-3
T. Li, O. Kasian, S. Cherevko, S. Zhang, S. Geiger, C. Scheu, P. Felfer, D. Raabe, B. Gault, K. J. J. Mayrhofer: Atomic-scale insights into surface species of electrocatalysts in three dimensions.
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Prof. Dr. Karl J.J. Mayrhofer
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