Automatisch periodisch
Physiker der FAU zeigen stabiles Ordnungsverhalten disperser Scheiben
Physiker der FAU haben nachgewiesen, dass zufällige Packungen gleich großer Scheiben zwischen parallelen Wänden immer eine periodische Struktur bilden – unabhängig von der Breite des Behälters. Die Ergebnisse, die dazu beitragen sollen, die Packungseigenschaften von Mikropartikeln besser zu verstehen, wurden jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht (DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.120.148002).
Seit Jahrhunderten beschäftigen sich Menschen mit der Frage, nach welchem Muster sich Objekte am dichtesten in Behälter packen lassen. Bereits 1611 äußerte Johannes Kepler die Vermutung, dass keine Anordnung von gleich großen Kugeln eine größere Dichte aufweist als versetzte Schichten hexagonaler Gitter. Während Packungen von Kugeln, die zufällig in eine Kiste geschüttet werden, eine mittlere Dichte von etwa 65 Prozent besitzen, erreicht man mit der periodischen Struktur hexagonaler Packungen rund 74 Prozent. Erst 2014 konnte Keplers These durch aufwändige Computerberechnungen bestätigt werden.
Periodische Struktur bildet sich automatisch
Gemeinsam mit Kollegen aus Brasilien und den USA fanden Physiker der FAU jetzt heraus, dass auch nach dem Zufallsprinzip geschüttete Kugeln stets eine periodische Struktur bilden – jedenfalls konnte das im zweidimensionalen Experiment bestätigt werden. In zahlreichen Computersimulationen ließen die Forscher bis zu 10 Millionen Scheiben gleicher Größe nacheinander aus verschiedenen Positionen in ein oben offenes Rechteck fallen. Das verblüffende Ergebnis: Bei ausnahmslos jedem Versuch bildete sich eine periodische Struktur. „Periodisch bedeutet in unserem Fall: Für jedes Teilchen gibt es Äquivalente, die sich in gleicher Position auf der X-Achse in regelmäßigen Abständen wiederholen“, erklärt Prof. Dr. Thorsten Pöschel vom Institut für Multiscale Simulation of Particulate Systems der FAU. Die entstehenden Muster aus Scheiben und Zwischenräumen setzen sich regelmäßig nach oben fort – mit einer durchschnittlichen Anzahl von vier Kontakten pro Scheibe.
Je schmaler, umso schneller
Allerdings entstehen die periodischen Muster nicht sofort: Zu Beginn der Füllung gibt es eine ungeordnete Phase, die vor allem durch größere Zwischenräume und durch Cluster von Scheiben charakterisiert ist, die weniger oder mehr als vier Nachbarkontakte haben. Ab welcher Füllhöhe die Scheiben dann eine periodische Struktur bilden, kann zwar selbst zwischen Behältern gleicher Breite stark variieren, jedoch steigt diese durchschnittliche Höhe mit zunehmendem Abstand zwischen den Wänden. Oder anders ausgedrückt: Je breiter der Kanal, umso mehr Schichten müssen eingefüllt werden, bis sich die Scheiben periodisch anordnen. Zu erklären ist das damit, dass es hier zu Beginn der Füllung mehr Möglichkeiten ungeordneter Positionierung der Scheiben gibt, was sich nach oben über deutlich mehr Schichten fortsetzt als in schmalen Behältern. Doch egal ob schmal oder breit – in ihren Simulationen konnten die Forscher zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kanal noch nicht periodisch ist, mit zunehmender Füllhöhe exponentiell sinkt.
Packungseigenschaften von großer praktischer Relevanz
Die Erkenntnisse der Erlanger Forscher sollen dazu beitragen, die Packungseigenschaften sowohl mono- als auch polydisperser Mikropartikel besser zu verstehen. Teilchen möglichst dicht zu packen, ist der Schlüssel für viele praktische Anwendungen – zum Beispiel um die Materialporosität bei 3D-Druckverfahren und anderen Methoden der additiven Fertigung zu minimieren und damit die Festigkeit neuartiger Werkstoffe zu erhöhen.
Die Ergebnisse des Projektes wurden unter dem Titel „Systematic Onset of Periodic Patterns in Random Disk Packings“ in der renommierten Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Thorsten Pöschel
Tel.: 09131/85-20865
thorsten.poeschel@fau.de