Forschergruppe untersucht Klimawandel im Bergregenwald

Bedrohter Regenwald in Ecuador
Bedrohter Regenwald in Ecuador (Bild: FAU/Achim Bräuning)

Bedrohte Vielfalt

Die tropischen Bergregenwälder in Ecuador gehören zu den am stärksten gefährdeten Ökosystemen unseres Planeten – vor allem der Klima- und der Landnutzungswandel sind dafür verantwortlich. Wissenschaftler der Bio- und Geowissenschaften gehen deshalb in einer neuen Forschergruppe der Frage nach, welche Arten der Landnutzung das Ökosystem vor Ort stabilisieren und welche es bedrohen. Die Geographen um Prof. Dr. Achim Bräuning von der FAU untersuchen dabei mit Forschern der Universität Bayreuth baumökologische Kenngrößen. Das Konsortium „Umweltveränderungen in Biodiversitäts-Hotspot-Ökosystemen Süd-Ecuadors: Systemantwort und Rückkopplungseffekte“ (RESPECT) wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in der ersten Förderphase mit rund 3,5 Millionen Euro über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert.

Der tropische Bergregenwald in Ecuador ist eines der artenreichsten Ökosysteme der Welt – zugleich aber durch den Klimawandel stark bedroht. Besonders der Landnutzungswandel steht dabei im Wechselspiel mit dem Klimawandel. Der Klimawandel hat Einfluss darauf, ob der natürliche Bergregenwald seine Funktionen erhalten kann und wofür Menschen vor Ort die bereits in Nutzung genommenen Flächen verwenden können. Gleichzeitig hat die Entscheidung, wie die Flächen genutzt werden, Rückwirkungen auf die regionalen Klimaverhältnisse. Zum Beispiel hat eine Weidefläche völlig andere Auswirkungen auf die Umwelt als eine Naturwaldfläche. Welchen genauen Effekt der Naturwald und verschiedene Landnutzungsoptionen haben, ist für tropische Hochländer wie die Anden Ecuadors jedoch bisher nicht bekannt. „Die artenreichen und daher funktional sehr komplizierten Bergregenwälder sind bislang vergleichsweise wenig erforscht. Klar ist jedoch: Hier herrschen völlig andere Bedingungen als im tropischen Tieflandregenwald. Insbesondere globale Klimamodelle, die in der Regel nur auf Tieflandregenwälder wie den Amazonas angepasst sind, greifen hier nicht“, sagt Prof. Dr. Jörg Bendix von der Philipps-Universität Marburg, Sprecher von RESPECT.

Aus diesem Grund wird die Forschungsgruppe vor Ort Daten über zwei zentrale Ökosystemfunktionen, die Biomasseproduktion und die Wasserflüsse, sammeln und in einem regional angepassten Klima- und Vegetationswachstumsmodell bündeln. Ein sogenanntes Landoberflächenmodell ermöglicht es, verlässliche Prognosen über die Ökosystemleistungen in der Zukunft zu stellen und aktuelle Handlungsempfehlungen für nachhaltige Landnutzungsoptionen auszusprechen.

Eine besondere Rolle bei der Datenanalyse spielt die Untersuchung des Systemantwort- und Rückkopplungsverhaltens relevanter biologischer Prozesse. Die Samenausbreitung durch Vögel und damit das Wachstum neuer Bäume oder auch der Blattverlust durch Insektenfraß könnten durch den Klimawandel verändert werden (Systemantwort). Die sich daraus ergebenden Veränderungen der Vegetationseigenschaften und damit der Oberflächenstruktur des Ökosystems führen wiederum zu einem veränderten Transport von Wärme und Wasserdampf in die Atmosphäre und tragen damit zum Klimawandel bei (Rückkopplungsverhalten). Bisher fehlen derartige biologische Prozesse in Landoberflächenmodellen und sollen nun auf der Basis statistischer Analysen eingebaut werden.

Die FAU-Geographen steuern zentrale baumökologische Kenngrößen bei, die im Landschaftsmodell benötigt werden, um Bilanzen des Kohlenstoff- und Wasserkreislaufs im Tropenwald zu erstellen. Dafür charakterisieren die Forscher Prozesse des Wasser- und Kohlenstoffhaushaltes von bestimmten ökologischen Baumtypen im natürlichen Bergregenwald in verschiedenen Höhenstufen. Neben den Wäldern werden auch Bergweiden untersucht, und zwar sowohl die dort typischen Futtergräser als auch das Weideunkraut Adlerfarn, das die Weiden zerstört. Die physiologischen Messungen führen die Wissenschaftler bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen durch, Eigenschaften der Holzanatomie und -chemie werden entlang radial verlaufender Holzproben von Stämmen ermittelt. „So können wir erkennen, wie sich die Merkmale bei unterschiedlichen Klimaverhältnissen verändern und das verbessert wiederum die Modellergebnisse“, sagt Bräuning.

Langfristiges Ziel der Forschergruppe ist es, die Landnutzungssysteme nachhaltig zu optimieren, um das Ökosystem insgesamt widerstandsfähiger zu machen und den artenreichen Naturwald zu erhalten. Das Landoberflächenmodell soll zudem auf andere tropische Hochgebirgsregionen übertragbar sein und somit helfen, regionale Klima- und Biodiversitätsprognosen in Zentren der Artenvielfalt zu verbessern. Die Federführung der Forschergruppe liegt bei der Universität Marburg. Beteiligt sind neben der FAU und der Universität Bayreuth weiterhin die Justus-Liebig-Universität Gießen, das Karlsruher Institut für Technologie, das Senckenberg Biodiversität und Klima- Forschungszentrum sowie die Universität Göttingen.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Achim Bräuning
Tel.: 09131/85-29372
achim.braeuning@fau.de