Dr. Daniel Teichmann
Von Oktober 2004 bis September 2009 studierte und promovierte Dr. Daniel Teichmann an den Departments Maschinenbau und Chemie- und Bioingenieurwesen der FAU. Während seiner Promotion entwickelte Dr. Teichmann zusammen mit seinen Doktorvätern eine Technologie zum Transport und der Lagerung von Wasserstoff. 2012 gründeten sie die Hydrogenious Technologies GmbH, an der die FAU als Gesellschafterin beteiligt ist. Seit dem erhielt das Unternehmen zahlreiche Auszeichnungen und Preise. Unter anderem gewann die Hydrogenious Technologies GmbH 2016 den Innovationspreis der Deutschen Wirtschaft in der Kategorie Start-Up und wurde im selben Jahr als eines der Top 50 Start-Ups von der Internetplattform Für-Gründer.de ausgezeichnet. Auch internationale Preise wie den GP Bullhound Connect Award in der Kategorie „ones to watch“ kann Hydrogenious vorweisen. Zudem operiert das Unternehmen durch seine Kooperation mit der amerikanischen Firma United Hydrogen Group auch auf dem US-Markt und erhält im Rahmen des europäischen Horizon 2020 Programms 2,3 Millionen Euro Fördergelder für weitere Projekte.
Herr Dr. Teichmann, Sie haben an der FAU Wirtschaftsingenieurwesen studiert. Warum haben Sie sich damals für die FAU entschieden?
Die FAU und gerade auch die Technische Fakultät haben und hatten einen sehr guten Ruf. Meine Leidenschaft in der Schule galt der Mathematik und Physik und so hatte ich bei der Studienwahl zwischen einem technischen Fach wie Maschinenbau und einem naturwissenschaftlichen Fach wie Physik geschwankt, mich dann jedoch für ersteres entschieden, für das Erlangen ideale Voraussetzungen bot. Pragmatisch wie man als junger Studienanfänger ist, sah ich darin zugleich die Chance meiner Basketball-Mannschaft in Bamberg treu zu bleiben, mit der wir damals in der Regionalliga spielten.
Nach der Promotion haben Sie beschlossen Ihr eigenes Unternehmen für den sicheren und effizienten Transport und die Lagerung von Wasserstoff, die Hydrogenious Technologies GmbH, zu gründen. Wie kam es zu diesem Entschluss?
Meine Promotion entstand während einer Anstellung bei der BMW Forschung und Technik in München und wurde von den Erlanger Professoren Arlt und Wasserscheid vom Department Chemie- und Bioingenieurwesen wissenschaftlich betreut. Ich hatte mich damals auf eine, wie ich fand, sehr spannende Stellenausschreibung im Bereich der Wasserstoffspeicherung bei BMW beworben und im Laufe der Promotion wurde mir und meinen Betreuern klar, dass die von uns entwickelte Technologie ein äußerst großes Potential hat, und zwar nicht allein im von BMW betrachteten mobilen Einsatz, sondern ganz grundsätzlich als Energieträger in einem zukünftigen erneuerbaren Energiesystem. Ich war schon lange sehr gründungsaffin und hatte bereits im Studium zusammen mit einem Kommilitonen die Firma „kopiermanie“ gegründet, die über einige Jahre sehr erfolgreich Firmen Werbedienstleistungen an technischen Hochschulen anbot. Den letzten Ausschlag gab dann noch, dass ein Großkonzern mir nach meinem Erleben nur eingeschränkte Freiheitsgrade und Verantwortung bieten konnte. So stieg ich 2012 bei BMW aus und gründete gemeinsam mit meinen Doktorvätern die Hydrogenious Technologies GmbH.
Hydrogenious Technologies ist ein Spin-Off der FAU. Welche Rolle spielten die FAU und ihre Einrichtungen bei der Gründung Ihres Unternehmens?
Zum einen wurden wichtige Fortschritte bei der Entwicklung unserer Wasserstoffspeichertechnologie an der FAU gemacht. Zum anderen haben den Entschluss zur Unternehmensgründung die Professoren Arlt, Wasserscheid, Schlücker und ich gemeinsam getroffen. Von Beginn an waren damit drei Lehrstuhlinhaber der FAU als Gesellschafter mit an Bord. Ein Jahr später kam dann die Institution FAU als Gesellschafterin dazu. Gegen eine Beteiligung am Unternehmen übertrug die FAU einige für die Technologie wichtige Schutzrechte, die über die Jahre entstanden waren, an die Firma.
Ihr Unternehmen bietet eine Technik an, mit deren Hilfe Wasserstoff mittels flüssiger, organischer Wasserstoffträgermaterialien, sogenannter Liquid Organic Hydrogen Carriers (LOHC), transportiert und gespeichert werden kann. Wie genau funktioniert diese Technologie?
Wasserstoff ist ein faszinierendes Gas, das bereits seit Jahrzehnten in vielen Industrieprozessen Anwendung findet. Für uns hat Wasserstoff aber noch eine weitaus größere Bedeutung, nämlich als das Erdöl des regenerativen Zeitalters. So kann Wasserstoff aus regenerativen Energien mittels Elektrolyse emissionsfrei hergestellt und in einer Vielzahl von Anwendungen, darunter in Brennstoffzellen-Fahrzeugen und für die Strom- und Wärmeerzeugung, eingesetzt werden. Damit wird insbesondere auch eine Integration der erneuerbaren Energien in unser Energiesystem erreicht. Wasserstoff als Gas hat jedoch auch seine Tücken: Es hat eine sehr geringe Dichte, ist flüchtig und leicht explosiv. Aus diesem Grund ist die Handhabung und Speicherung von Wasserstoff aufwändig und teuer. Unsere LOHC-Technologie ermöglicht dagegen eine Speicherung von Wasserstoff in Form einer ungefährlichen und ungiftigen Flüssigkeit. Dieses Öl kann ohne Probleme bei Umgebungsbedingungen gelagert werden, ist kein Gefahrgut, nicht explosiv und sehr schwer entflammbar. Der Träger wird dabei innerhalb des Zyklus aus Laden und Entladen nicht verbraucht und kann – quasi wie eine Pfandflasche – immer wieder eingesetzt werden. Die Speicherung des Wasserstoffs in dem Öl und die Freisetzung aus dem Öl sind katalytische Prozesse. Wir als Hydrogenious haben mit der StorageBox und der ReleaseBox containergroße Anlagen entwickelt, mit deren Hilfe die Speicherung vollführt werden kann. Die eigentliche Logistik des Öles ist dann sehr einfach und in der bestehenden Infrastruktur für Flüssigkraftstoffe machbar.
Welche Vorteile ergeben sich für Industrie und Unternehmen durch die LOHC-Speicherung?
Die drei wesentlichen Vorteile im Vergleich zu heutiger Technologie (Druckspeicherung) liegen in der hohen Speicherdichte, der Sicherheit und der Einfachheit des Transports. Dies zeigt ein Vergleich des Wasserstoff-Transports mittels LKW sehr plastisch: Anstatt einer Zuladung von nur etwa 350 kg Wasserstoff, das als Gefahrgut ausgewiesen sein muss und hochexplosiv ist, kann mit LOHC auf einem handelsüblichen Tanklastwagen etwa 1.800 kg Wasserstoff transportiert werden. Noch dazu ist kein molekularer Wasserstoff vorhanden, so dass es sich nicht um einen Gefahrgut-Transport handelt und daher keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssen. Wie das Beispiel zeigt, kann zudem die bestehende Infrastruktur genutzt werden. Alle genannten Vorteile führen letztendlich zu reduzierten Kosten und deutlich erhöhter Sicherheit in der Belieferung.
Vier von fünf Personen aus dem Leitungsteam der Hydrogenious Technologies GmbH sind Alumni der FAU. Sie werden von drei Professoren der FAU wissenschaftlich beraten. Was bedeuten Ihnen die Unterstützung und der enge Kontakt zur FAU?
Der enge Kontakt mit der Universität ist uns sehr wichtig. Die Anfänge der Firma an der FAU und unser damit einhergehendes tiefgehendes technisches Verständnis stellen einen wichtigen Teil der DNA von Hydrogenious Technologies dar. Wir pflegen daher den Kontakt nicht nur über die Einstellung von Alumni und im Rahmen unseres Gesellschafterverhältnisses, sondern insbesondere auch durch einen intensiven fachlichen Austausch, gemeinsame Förderprojekte, Praktika für Studierende, Gastvorträge an der Universität und auch generell eine enge Zusammenarbeit.
Gibt es etwas aus Ihrer Studienzeit, was Sie heutigen Studierenden mit auf den Weg geben möchten?
Ich habe während meiner Studienzeit insbesondere die Eigenverantwortlichkeit und die freien Gestaltungsmöglichkeiten sehr geschätzt. So habe ich mich neben dem Studium stets in einer Vielzahl für mich interessanter Aktivitäten engagiert. Neben der erwähnten Firmengründung „kopiermanie“ waren dies zum Beispiel die Bayerische Eliteakademie, der Verein Deutscher Ingenieure, die Contact Firmenkontaktmesse, Auslandspraktika, der Hochschulsport und die High-Octane Motorsports. Aus meiner Sicht ist der Spruch, dass man nicht für die Schule beziehungsweise Universität, sondern das Leben lernt, selten wahrer als in Bezug auf die Studienzeit und wenn ich heute zurückblicke, dann waren all die genannten Betätigungen für meinen persönlichen und beruflichen Werdegang mindestens genauso wichtig wie das rein Fachliche. Insofern kann ich nur jedem raten, die Freiräume, die man im Gegensatz zum späteren Berufsleben an der Universität noch hat, sinnvoll und im Sinne der eigenen persönlichen Entwicklung zu nutzen.