Globale Medizin: „Ohne gute Übersetzung ist eine genaue Aufklärung der Patienten nicht möglich“
FAU-Professor Dr. Andreas Frewer über die Bedeutung von Globalisierung im Gesundheitswesen
Patienten ohne Aufenthaltsstatus, Sprachbarrieren zwischen Arzt und Patient und die Zusammenarbeit in multinationalen Behandlungsteams: Dies sind nur einige der Herausforderungen, denen das deutsche Gesundheitssystem durch die Globalisierung gegenübersteht.
„Die globalisierte Klinik – Internationalisierung und kultursensible Medizin“ lautet daher das Thema des 15. Ethiktages am Samstag, 22. Oktober, an der FAU. Im Interview erklärt Prof. Dr. Andreas Frewer von der Professur für Ethik in der Medizin an der FAU, was die aktuellen Herausforderungen sind.
Die Gesellschaft wird immer multikultureller. Das hat auch Auswirkungen auf unser Gesundheitswesen. Welche besonderen Konstellationen ergeben sich für Kliniken, Arztpraxen etc.?
Die Globalisierung bringt eine Reihe von Herausforderungen für die gesamte Medizin wie auch speziell für Krankenhäuser und Praxen mit sich: Auf der einen Seite gibt es zahlreiche Flüchtlinge, die dringend Behandlungen brauchen. Auf der anderen Seite reisen zunehmend wohlhabende Patienten aus anderen Ländern an, um vom deutschen Gesundheitssystem zu profitieren – mit großen Erwartungen an High-Tech-Medizin und bestmögliche Heilkunde. Es werden auf diese Weise mehr Menschen aus anderen Nationen im Medical Valley der Metropol-Region behandelt, allein der Bedarf an kompetenten Dolmetscherdiensten ist groß und oft schwer zu decken. Die Klinische Ethikberatung hat in den letzten Monaten u.a. komplexe Krankheitsfälle aus Syrien, Afghanistan und Algerien unterstützt. Gemeinsam mit der „AG Medizin und Menschenrechte“, Studierenden und anderen ehrenamtlichen Initiativen ist die Professur für Ethik in der Medizin bei der medizinischen Flüchtlingshilfe in der Praxis wie auch durch wissenschaftliche Forschungsarbeiten aktiv.
Welche Rolle spielen kulturelle Unterschiede in der Arzt-Patienten-Kommunikation?
Dies ist ein zentraler Punkt: Ohne differenzierte Übersetzung und gute Kommunikation ist eine genaue Information, Aufklärung und Kooperation der Patienten bzw. ihrer Familien kaum möglich. Am Krankenbett arbeiten in unserer pluralistischen Gesellschaft zudem immer mehr Beschäftigte aus unterschiedlichen Ländern und Religionsgemeinschaften zusammen. Fragen der interkulturellen Kommunikation und Probleme im Umgang mit differierenden Wertüberzeugungen sind für eine „gute Medizin“ von großer Relevanz. Der 15. Ethiktag wird dazu in Übersichtsvorträgen prominenter Fachleute und mehreren Workshops kompetente Expertise, konkrete Modellprojekte und praktische Lösungsmöglichkeiten vorstellen.
Auf dem Ethiktag wird auch das EFI-Projekt „Human Rights in Healthcare“ der FAU vorgestellt. Welche Konflikte gibt es bezüglich Menschenrechte im Gesundheitssystem?
Unser EFI-Projekt widmet sich dem breiten Spektrum von Menschenrechten in der Medizin mit vier Schwerpunkten: Neben Grundfragen wie dem durch internationale Verträge verbindlichen Recht auf Gesundheit (Right to Health) werden insbesondere Analysen zu Flüchtlingsmedizin, Patienten in vulnerablen Situationen und Problemen der Autonomie am Lebensende menschenrechtlich analysiert wie auch Leitlinien zur Umsetzung in die Praxis erarbeitet. Die Internationalisierung im Gesundheitswesen braucht menschenrechtlich und ethisch kompetente „kosmopolitische Krankenhäuser“, die den vielfältigen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gewachsen sind und eine gute wie auch gerechte Behandlung aller Patientinnen und Patienten ermöglicht.
15. Ethiktag des Ethikkomitees und der Professur für Ethik in der Medizin (FAU)
Der Ethiktag ist eine Fortbildungsveranstaltung für Ärztinnen, Ärzte, Pflegende und für alle anderen interessierten Berufsgruppen im Gesundheitswesen sowie die Öffentlichkeit. Er findet am Samstag, 22. Oktober, von 10.00 bis 18.15 Uhr im Neuen Hörsaalzentrum, Ulmenweg 18, in Erlangen statt. Informationen zur Anmeldungen und letzte Restplätze sind noch bis Donnerstag, 20.10., zu erhalten – das Programm gibt es auf der Webseite des Ethiktags.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Andreas Frewer, M.A.
Tel.: 09131/85-26431
andreas.frewer@fau.de