Alkoholismus schon im Mutterleib vorhersagbar

Schwangere
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Interdisziplinäre Arbeitsgruppe des Universitätsklinikums Erlangen für Alkoholstudie mit Wilhelm-Feuerlein-Forschungspreis ausgezeichnet

Welche Einflussfaktoren bedingen schon im Mutterleib eine spätere Alkoholabhängigkeit? Dieser und weiteren Fragen ging eine interdisziplinäre Forschergruppe des Universitätsklinikums Erlangen und der FAU um PD Dr. Bernd Lenz, Prof. Dr. Christian P. Müller und Prof. Dr. Johannes Kornhuber, Direktor der Psychiatrischen und Psychotherapeutischen Klinik, nach. Für ihre grundlagenorientierten Studienprojekte mit dem Titel „Prenatal and adult androgen activities predict alcohol dependence“ wurden die Erlanger Wissenschaftler jetzt mit dem renommierten Wilhelm-Feuerlein-Forschungspreis der Oberberg Stiftung Matthias Gottschaldt, der Deutschen Suchtstiftung und der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie ausgezeichnet.

Zwei- bis viermal mehr Männer als Frauen erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Alkoholabhängigkeit sowie an deren assoziierten Folgeerkrankungen – ein deutlicher Geschlechterunterschied. Die wissenschaftliche Hypothese lautete: Androgene, also die Sexualhormone, die die Entwicklung der männlichen Geschlechtsmerkmale steuern, spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung und dem Verlauf einer Alkoholsucht. Dies konnten die Forscher des Uni-Klinikums Erlangen jetzt belegen.

In translationalen Studien fanden die Forscher Hinweise darauf, dass männliche Suchtpatienten bereits im Mutterleib einem höheren Androgenspiegel ausgesetzt waren als gesunde männliche Kontrollprobanden. Zweitens belegten die Wissenschaftler im Tierversuch, dass die Behandlung mit Androgenen im Mutterleib das Alkoholtrinken später im Erwachsenenalter steigert und die Blockade von Androgenen das Alkoholtrinken reduziert. Darüber hinaus erforschten sie die Rolle der schwangeren Mutter bei der kindlichen Androgenexposition: Hoher Stress sowie Alkohol- und Nikotinkonsum der Mutter während der Schwangerschaft führten dabei zu einer erhöhten Hormonbelastung.

Zusammen mit ihren Kollegen aus weiteren Kliniken und selbstständigen Abteilungen des Uni-Klinikums Erlangen (siehe unten) zeigten PD Lenz, Prof. Müller und Prof. Kornhuber somit, dass ein gesteigerter Androgenspiegel beim ungeborenen Kind dessen Risiko, später im Leben an einer Alkoholsucht zu erkranken, erhöhen kann. Außerdem stellten sie einen Zusammenhang mit externen Faktoren her, die eine Androgenexposition pränatal verstärken können.

Beteiligte Wissenschaftler

  • Aus der Psychiatrie des Uni-Klinikums Erlangen: Sabine E. Huber, Dr. Christiane Mühle, Dr. Birgit Braun, Dr. Christian Weinland, Polyxeni Bouna-Pyrrou, Juliane Behrens, Sarah Kubis, Katrin Mikolaiczik, Marcel-René Muschler, Sarah Saigali, Marina Sibach und Petya Tanovska
  • Aus der Audiologie der Hals-Nasen-Ohren-Klinik – Kopf- und Halschirurgie (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. Heinrich Iro): Prof. Dr. Dr. Ulrich Hoppe
  • Aus der Kinder- und Jugendabteilung für Psychische Gesundheit: Prof. Dr. Gunther H. Moll (Leiter), Dr. Anna Eichler und PD Dr. Hartmut Heinrich
  • Aus der Frauenklinik: Prof. Dr. Matthias W. Beckmann (Direktor), Anne Engel, Prof. Dr. Tamme W. Goecke und Prof. Dr. Peter A. Fasching

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Johannes Kornhuber
Telefon: 09131 85-34166
johannes.kornhuber@uk-erlangen.de