Praktikum? Von wegen!

Vier Verleger des homunculus verlags
Die vier Verleger Philip Krömer (v.l.), Joseph Reinthaler, Sebastian Frenze und Laura Jacobi. (Bild: homunculus verlag)

Start-up-Serie: FAU-Studierende gründen einen Literaturverlag

Der Homunculus (lat. für Menschlein), das ist in der Kulturgeschichte ein künstlich geschaffenes Wesen. Als Figur taucht er in der Literatur auf, prominentes Beispiel ist Goethes „Faust II“. Und dann existiert er auch als Konzept in der Wahrnehmungspsychologie: „Als Rezipient im eigenen Kopf, der uns ständig begleitet, wenn wir lesen“, erklärt Laura Jacobi. Jetzt ist er auch Namensgeber des „homunculus verlag“, den die Studentin mit ihren Kommilitonen Joseph Reinthaler, Sebastian Frenzel und Philip Krömer vor eineinhalb Jahren in Erlangen gegründet hat.

Rebellische Namensfindung

Die Entscheidung für den Namen war auch ein rebellischer Akt: „Weil man uns geraten hat, dass wir unsere Nachnamen nehmen sollen“, verrät Sebastian Frenzel. „Die berühmtesten Verlage heißen schließlich Fischer, Suhrkamp, Rowohlt, Beck …“, ergänzt Joseph Reinthaler. Aber den Branchenriesen zum Trotz liegen die vier voll im Trend. Kleinere und unabhängige Verlage greifen immer mehr zu verspielteren Namen. Ein weiteres Beispiel hierfür: der Verbrecher-Verlag.
Die Idee, einen Verlag zu gründen, ist den vieren bereits seit mehreren Jahren in den Köpfen herumgeschwirrt. Am Ende ihres Studiums machten sie dann Nägel mit Köpfen: „Wir wollten unser Berufsleben selbst formen. Und nicht zahllose Praktika und Volontariate absolvieren, wie das in der Branche eigentlich üblich ist“, begründet Kommilitone Philip Krömer ihre Entscheidung. „Mitten im Berufsleben mit einem Acht-Stunden-Tag hätten wir es, glaube ich, schwer gehabt, so ein unternehmerisches Projekt zu starten.“

Außer Konkurrenz?!

Angst vor dem stark umkämpften Literaturmarkt haben die Gründer nicht: „Da sehe ich nicht so eine große Konkurrenz. Die kleinen Verlage vernetzen sich sehr gut und sehen sich als Community, die gemeinsame Ziele verfolgt“, begründet Jacobi ihren Mut. „Wir sehen das eher als Chance, da es zeigt, dass viele kleine Verlage die Möglichkeit haben, Fuß zu fassen und neben den Großen etwas zu erreichen.“ Fünf Standbeine wollen sie dafür etablieren. Da sind zum einen die gedruckten Bücher, die Literaturzeitschrift „Seitenstechen“, das Nonbook-Segment, E-Books und eine selbst programmierte Software. Sie macht es möglich, auch bei elektronischen Manuskripten die Typographie ansprechend aufzubereiten.

Literatur für alle Zeit

Neben Klassikern verlegen die vier auch zeitgenössische Werke, passend zum Verlagsmotto „Literatur für alle Zeit“. Den ersten zeitgenössischen Roman im Programm hat Philip Krömer sogar selbst geschrieben. Er trägt den Titel „Ymir oder: aus der Hirnschale der Himmel“. Von Anfang an im Programm: ihre Reihe zur Entstehung des Kriminalromans. Besonders stolz ist Frenzel auf die schöne und originelle Gestaltung der Buchdeckel: „Auf jedem der Cover prangt ein Insekt, das in symbolischem Bezug zum Text steht.“ Das Design ist eines ihrer Markenzeichen. „Auf der Leipziger Buchmesse ist das sehr deutlich geworden“, berichtet Jacobi. Auf dem Verlagsbranchentreff wurden sie oft auf ihre außergewöhnlichen Cover angesprochen und gelobt. „Wir sehen das auch als Wiedererkennungsmerkmal“, ergänzt sie. Aber auch verrücktere Ideen sind Teil des Programms, so verkaufen sie die Bayerische Biergartenverordnung in Form einer Tischdecke und ein literarisches Monster-Kartenspiel. Selbstgebastelt sieht das Ganze nicht aus: „Freunde, die unseren Katalog in die Hand nehmen, sind erstaunt von der Professionalität“, sagt die Studentin. „Das ist schon lustig, weil viele bei einem Projekt von vier Studenten nicht von der Qualität ausgehen, die für uns selbstverständlich ist.“

Brotlose Kunst?

Absolventen der Geisteswissenschaften wird häufig vorgeworfen, keine besonders rosigen Zukunftsaussichten zu haben. Aber die vier Germanisten und Buchwissenschaftler bleiben locker und erklären optimistisch: „Wir versuchen einfach, eine brotlose Kunst in ein paar Scheiben trockenes Toastbrot zu verwandeln.“ Und der Plan für die Zukunft? „Am Leben bleiben! Wir würden gerne weitere aktuelle Autoren ins Boot holen, unsere bisherigen Erfahrungen umsetzen und unsere Bücher in mehr Buchhandlungen ausliegen sehen“, sind sich die vier einig.

Mehr Infos gibt es entweder direkt beim Verlag unter www.homunculus-verlag.de oder im Studierendenblog meineFAU.

Neugierig auf mehr?

Dieser Text erschien auch in unserem Magazin alexander.

Weitere Themen der Ausgabe Nr. 102: ein Artikel über das Klinik-Ranking für den Raum Nürnberg, eine Reportage über die Campusmedien funklust und ein Beitrag über die Mensa-Großküche im Einsatz.

Weitere Beiträge aus dem Magazin finden Sie unter dem Stichwort „alexander“.