Online-Training hilft Depressionen zu verhindern
FAU-Psychologe maßgeblich am Interventionsprojekt GET.ON beteiligt
Ein internationales Forscherteam hat weltweit erstmalig nachgewiesen, dass Depressionen mithilfe eines Online-Trainings wirksam verhindert werden können. Die Studie, an der 406 Probanden teilnahmen, ist ein Gemeinschaftsprojekt von Forschern der FAU, der Leuphana Universität Lüneburg und der Freien Universität Amsterdam in Zusammenarbeit mit der Barmer GEK. Die Ergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der renommierten medizinischen Fachzeitschrift Journal of the American Medical Association (JAMA) veröffentlicht (doi:10.1001/jama.2016.4326).
Gestützt auf erfolgversprechende Versuche internetbasierter Gesundheitsintervention gingen die Forscher der Frage nach, ob durch das sechswöchige Online-Training GET.ON das Risiko, an einer Depression zu erkranken, reduziert werden kann. GET.ON basiert auf bewährten Therapiemethoden des systematischen Problemlösens und der Verhaltensaktivierung. Im Training absolvierten die Teilnehmer jede Woche eine halb- bis einstündige Übungseinheit – bestehend aus Videos, Texten und Aufgaben – und erprobten die Trainingsinhalte zwischen den Übungseinheiten im Alltag. Dabei wurden sie durch einen persönlichen Coach begleitet, mit dem sie online in Kontakt standen.
Wirksame und flexible Prävention
Das Forscherteam untersuchte 406 Personen, die ein erhöhtes Depressionsrisiko hatten, jedoch noch nicht an einer Depression erkrankt waren. In einer randomisiert-kontrollierten klinischen Studie nahm jeweils die Hälfte der Probanden entweder am Online-Training GET.ON teil oder erhielt herkömmliche Anleitungen zur Vorbeugung von Depressionen in schriftlicher Form. Nach einem Jahr wurden die Teilnehmer in einem diagnostischen Telefoninterview untersucht. Dabei stellten die Forscher fest, dass von den Personen, die GET.ON absolviert hatten, 27 Prozent im Verlauf des Jahres an einer Depression erkrankten – gegenüber 41 Prozent aus der Referenzgruppe ohne Online-Training. Ausgedrückt in der medizinischen Maßeinheit „number needed to treat“ bedeutet das: Von sechs Personen, die an GET.ON teilnehmen, kann bei einer Person eine neue depressive Erkrankung verhindert werden. Dies entspricht einer Senkung des relativen Risikos um 39 Prozent.
„Mit der Studie konnten wir zeigen, dass GET.ON das Risiko für das Auftreten von Depressionen effektiv reduzieren kann“, sagt Dr. David Ebert vom Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie der FAU, der das Online-Training initiiert und die Studie geleitet hat. „GET.ON bietet Menschen, die erste Beschwerden aufweisen, eine hoch wirksame, zugleich sehr flexible und obendrein kostengünstige Möglichkeit, einer behandlungsbedürftigen Depression erfolgreich vorzubeugen.“
Hohe gesundheitspolitische Relevanz
Die Ergebnisse der GET.ON-Studie ist von hoher gesundheitspolitischer Relevanz: Nach Schätzung der Global Burden of Disease Study der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden Depressionen in den Industrieländern in naher Zukunft die Hauptursache für vorzeitigen Tod und krankheitsbedingte Behinderung sein – noch vor koronarer Herzkrankheit, Alzheimer oder Diabetes. Einer Studie des Robert Koch-Instituts zufolge muss davon ausgegangen werden, dass in Deutschland etwa 15 Prozent der Frauen und 8 Prozent der Männer einmal im Leben an einer Depression erkranken. „Studien zeigen, dass das durch Depressionen verursachte Leid mit den bisherigen Behandlungsmethoden nur um etwa ein Drittel verringert werden kann“, erklärt David Ebert. „Wirksame Präventionsstrategien, die frühzeitig unterstützen, sind für Betroffene, das Gesundheitssystem und den Wirtschaftsstandort gleichermaßen wichtig. Das gerade neu aufgelegte Präventionsgesetz hat daher erstmalig nun auch explizit die Prävention von Depression als wichtige Aufgabe des Gesundheitssystems definiert. Die aktuelle Studie zeigt, dass dies mittels Online-Training tatsächlich möglich ist.“
Das Training wird bereits durch die Barmer GEK angeboten und ist damit eine der ersten bundesweit verfügbaren Maßnahmen zur Prävention von Depression in Deutschland.
Weitere Informationen:
Dr. David Ebert
Tel.: 09131/85-67566
david.ebert@fau.de