FAU-Forscher untersuchen Entstehung von Blutvergiftung

Blutkörperchen
Blutkörperchen (Bild: Colourbox.de)

Wie immunologische Sepsisforschung zu höheren Überlebenschancen führen kann

Sepsis, auch Blutvergiftung genannt, entsteht durch eine überschießende Immunreaktion auf eine Infektion, die durch Bakterien, Viren oder Pilze verursacht wird. Das Immunsystem kann die Entzündung weder kontrollieren noch stoppen. Infolge der Überreaktion drohen ein Multiorganversagen und ein septischer Schock, der in 40 bis 60 Prozent der Fälle dazu führt, dass der Patient verstirbt. In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 370.000 Euro geförderten Projekt erforscht an der FAU der Mediziner PD Dr. Georg Weber nun die immunologischen Mechanismen der Sepsisentstehung. Werden diese weiter entschlüsselt, lassen sich unter Umständen neue Therapien entwickeln, mit denen man die Krankheit gezielter und effektiver behandeln kann.

Das DFG-Projekt baut auf wichtige Vorarbeiten des Oberarztes der Chirurgischen Klinik des Universitätsklinikums Erlangen, PD Dr. Georg Weber, zur Funktion von Interleukin-3 (IL-3) während akuten Entzündungsreaktionen auf. IL-3, ein körpereigener Botenstoff, der an der Entstehung neuer Knochenmarkszellen und neuer weißer Blutkörperchen beteiligt ist, wird während der Sepsis zum Großteil von den erst kürzlich entdeckten Innate Response Activator (IRA) B Zellen gebildet. Weber hat mit einem Team von Wissenschaftlern des Massachusetts General Hospitals/Harvard Medical School, Boston, USA, die wichtige Funktion von Interleukin-3 nun während der Sepsis entschlüsselt.

„Sind die IL-3-Werte in der Akutphase der Sepsis erhöht, tragen diese entscheidend dazu bei, dass es zu einem septischen Schock kommt“, erläutert Weber. „Bei einem Zuviel an IL-3 entstehen zu viele im Körper patrouillierende Abwehrzellen. Kommt es zu einer Infektion, werden diese Abwehrzellen aktiviert und es kommt zu einer Überproduktion von Zytokinen, weiteren Botenstoffen des Körpers, die die Immunreaktion weiter verstärken. Ein gefürchteter Zytokinsturm ist die Folge, der die Entstehung des septischen Schocks mit Multiorganversagen begünstigt.“ Weber konnte nachweisen, dass ein zu hoher IL-3-Spiegel im Blut der Patienten mit einem signifikant erhöhten Risiko einhergeht, an einer Sepsis zu versterben.

Dennoch steht die Sepsisforschung noch am Anfang. In dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) auf eine Laufzeit von drei Jahren mit 370.000 Euro geförderten Projekt klärt der Mediziner nun weitere offene Fragen. Mit seinem Wissenschaftlerteam untersucht er die molekularen Mechanismen der IL-3-Produktion in den IRA B Zellen und wie sich IL-3 auf den Verlauf der Immunreaktion während der Sepsis auswirkt. Kurz: Warum kommt es zur Sepsis, welche endogenen und exogenen Mechanismen sind entscheidend an der Entstehung der Sepsis beteiligt und warum reagiert das Immunsystem der Patienten in unterschiedlicher Weise auf eine Infektion. Diese Grundbausteine der Sepsisentstehung zu verstehen wird entscheidend sein, um neue Ansätze der Immuntherapie entwickeln zu können.

„Sepsis ist eine fächerübergreifende Erkrankung, mit der sich Chirurgen, Urologen, Gynäkologen, Internisten und Pädiater gleichermaßen auseinandersetzen. Deshalb ist es ganz zentral, dass wir unsere Forschung in die klinische Anwendung bringen und interdisziplinär zusammenarbeiten“, sagt Weber.

Sepsis ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit und belastet das Gesundheitssystem in Milliardenhöhe. Von einer Sepsis sind zudem immer mehr ältere Menschen betroffen, die oft unter mehreren Krankheiten gleichzeitig leiden. Erkranken Menschen an einer Sepsis – zum Beispiel infolge einer Nierenbecken- oder Lungenentzündung oder aufgrund von Komplikationen nach einer Operation – erhalten sie nur eine symptomatische Therapie mit Antibiotika, kreislaufunterstützenden Medikamenten, ausreichend Flüssigkeitszufuhr sowie Sauerstoff. „Entscheidend für eine neuartige Therapie bei Sepsis ist es, in der Kontrolle von Infektion und Entzündungsreaktion die immunologische Balance zu finden und damit die Überlebenschancen zu erhöhen. Genauso wichtig ist es aber auch, das Abwehrsystem von immungeschwächten Patienten zu stärken.“

Weitere Informationen:

PD Dr. Georg Weber
Tel.: 09131/85-32962
georg.weber@uk-erlangen.de