Die Kegelbahn, die es nicht gibt
Serie über besondere Orte an der FAU: die Kegelbahn am Südgelände der Universität
Neonlampen beleuchten das Parkdeck, Wasser sammelt sich in Pfützen. Quer über den Betonboden ist ein Zebrastreifen aufgemalt, der an einer grauen Tür endet. Daneben ist eine zweite Tür zu sehen, olivgrün mit einigen Kratzern. Hinter dieser Tür im Parkdeck unter dem Roten Platz am Südgelände der FAU verbirgt sich ein besonderer Raum, den es gibt, aber doch wieder auch nicht. Denn dort liegt die Kegelbahn der FAU.
Als in den 1970er Jahren Mensa, Hörsaalgebäude und Bibliothek gebaut wurden, sollte es auch eine Ladenzeile, ein Bierstübchen und eine Kegelbahn geben. Das Bierstübchen im Keller – mit 140 Plätzen eher ein „Saal“ als ein „Stübchen“ – wurde auch gebaut. Im Bierstübchen gab es die gleichen Gerichte wie in der Mensa, jedoch mussten sich die Gäste ihr Essen nicht selbst holen, sondern wurden am Platz bedient. Nachdem die Bewirtschaftung eingestellt wurde, wurde das Bierstübchen bis zur Sanierung der Südmensa als Raum für Veranstaltungen genutzt. Die Geschäfte wurden nie verwirklicht, der Raum für die Kegelbahn nie seiner ursprünglichen Bestimmung zugeführt.
Nur ein Lager. Oder doch nicht?
Der erste Eindruck, sobald sich die olivgrüne Metalltür öffnet: nur ein Lager, vollgestellt mit allen möglichen Sachen. Erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass der Raum zwar nicht breit ist, etwa 4,50 Meter, aber lang, richtig lang – genügend Platz für eine Kegelbahn also.
Doch lediglich zwei Aussparungen mit alten Holzplanken im rauen Betonboden lassen erahnen, dass hier etwas anderes als nur ein Lagerraum entstehen sollte. Der Raum für die Kegelbahn wurde zwar errichtet, nicht aber die Ausstattung fürs Kegeln, sprich Anlauf, Laufflächen, Kugelfang, Rücklaufrinnen. Warum die Kegelbahn nie fertiggestellt wurde, ist nicht bekannt – vielleicht waren Räumlichkeiten, die unmittelbar der Lehre und Forschung dienten und weniger dem sozialen Wohlergehen, letztendlich doch wichtiger.
Menschaffen zwischen Holzvitrinen und und Schautafeln
Zwischen alten Holzvitrinen, Schreibtischen, Büroregalen, Kisten und Magazinwägen lugen aus einer Schublade durchsichtige Schilder hervor. Darauf steht in schwarzen Buchstaben: „Menschenaffen – Pongidae“ und „Gibbons – Hylobatidae“. Daneben lehnt eine Schautafel, an der ein halber Pferdeschädel befestigt ist, sowie einige bunte Skizzen, die die Anatomie des Schädels erklären. Auf einer anderen Tafel sind Analogien zwischen Fischsauriern, Delfinen und Haien dargestellt. Diese Schilder und Tafeln sind Teil der Zoologischen Sammlung, die bis Mitte der 1980er Jahre am Schlossgarten angesiedelt und dort im Zoologischen Museum auch teilweise für die Öffentlichkeit zugänglich war.
Doch mit dem Umzug des Instituts in den Stadtsüden musste die Sammlung auf verschiedene Standorte aufgeteilt werden. Unter anderem landeten Vitrinen mit ausgestopften Vögeln und Kleintieren, Fossilien, Skelettmodellen und sogar ein präparierter Orang-Utan in der Kegelbahn.
Doch inzwischen haben diese Exponate eine Heimat an besser geeigneten Orten wie dem Biologikum oder dem Naturkundehaus im Tiergarten Nürnberg gefunden. Das Ende der Kegelbahn ist nur ein scheinbares – hinter einer nachträglich eingezogenen Gipskartonwand befindet sich noch ein kleinerer Raum. Neben Akten lagern dort in Holzkisten handgroße Bauteile aus Metall. Teile, die unter anderem Maschinenbaustudenten im ersten Semester vermessen und exakt abzeichnen müssen. Doch wer dieses quadratische Zimmer mit dem grauen Linolboden oder das große Lager nebenan sieht, würde wohl kaum auf die Idee kommen, dass die Planer dort ursprünglich etwas ganz anderes vorgesehen hatten. Eine echte Kegelbahn nämlich.
Noch mehr besondere Orte an der FAU …
… finden Sie online: in der Reihe „Besondere Orte an der FAU“ oder in verschiedenen Ausgaben des FAU-Magazins alexander. Vom digitalen Herz der Uni am Rechenzentrum über den Dachboden des Kollegienhauses, wo die alten Talare wohnen, bis zum Universitäts-Karzer erhalten Sie hier ungewöhnliche Einblicke.
Neugierig auf mehr?
Dieser Text erschien auch in unserem Magazin alexander. Weitere Themen der Ausgabe Nr. 101: ein Interview mit Direktorin Konstanze Söllner darüber, wie sich die Universitätsbibliothek in Zeiten des Internets wandelt, Medienexperte Dr. Sven Grampp erklärt, wann eine Serie eine gute Serie ist sowie ein Artikel darüber, wie Zahnmedizin-Studierende an der FAU lernen, mit Notfällen in der Zahnarztpraxis richtig umzugehen.
Weitere Beiträge aus dem Magazin finden Sie unter dem Stichwort „alexander“.