Neues Schlüsselprotein für Entstehung der chronischen Darmentzündung identifiziert
Forscher beschreiben Ursache der gestörten Darmbarriere
Allein in Deutschland leiden etwa 300.000 Patienten an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung. Die Lebensqualität der häufig noch vergleichsweise jungen Patienten ist unter anderem durch immer wiederkehrende Durchfälle und starke Bauchschmerzen wesentlich eingeschränkt. Als wichtige Ursache für die Entstehung dieser Erkrankung wird eine krankhaft veränderte Barrierefunktion der Darmwand angesehen. Ein europäisches Forscherteam unter Führung der Medizinischen Klinik 1 – Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie des Universitätsklinikums Erlangen konnte in den beteiligten Zellen der Darmwand einen neuen Mechanismus identifizieren, durch den diese Störung der Darmbarriere erklärt werden kann. Die entsprechenden Forschungsergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift „Journal of Clinical Investigation“ veröffentlicht.
Zellen, die die Darmwand innen auskleiden, sogenannte Darmepithelzellen, bilden die erste Schicht der Darmwand und verhindern als ein fest zusammenhängender Zellverband das Eindringen von Bakterien und anderen Fremdstoffen aus dem Darminhalt in den Körper. Eine eingeschränkte Barrierefunktion im Darm kann entsprechend zu einer Darmentzündung führen.
Um die wichtige Schutzfunktion der Darmbarriere dauerhaft aufrechterhalten zu können, erneuert sich die Darmepithelschicht permanent selbst, wobei alte Epithelzellen ersetzt und in einem kontrollierten Prozess über den Stuhlgang ausgeschieden werden. Dass das aktivierte Protein Rho-A und die von ihm vermittelten Signale maßgeblich für die Stabilität des Epithelzellverbands im Darm sind, zeigten nun die Erlanger Wissenschaftler Dr. Rocío López-Posadas, Dr. Imke Atreya und Prof. Dr. Markus Neurath, die zur von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten klinischen Forschergruppe CEDER gehören.
Für die Aktivierung des Proteins Rho-A ist der Prozess der Prenylierung entscheidend, der innerhalb der Zelle stattfindet und eine gezielte Veränderung der Proteineigenschaften bewirkt. Hierbei wird an das Protein ein so genannter Isoprenoid-Rest angeheftet, der es Rho-A anschließend ermöglicht, in die Bereiche der Zelle zu gelangen, in denen eine gezielte Aktivierung des Proteins stattfinden kann. Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse konnten erstmals belegen, dass das Vorhandensein von Rho-A in Darmepithelzellen und insbesondere seine Prenylierung entscheidende Faktoren für eine stabile Epithelzellformation im Darm sind.
So zeigte sich unter experimentellen Bedingungen im Labor, dass ein Fehlen von Rho-A oder eine gezielte Hemmung der Prenylierung im Darmepithel mit einer deutlich gesteigerten Durchlässigkeit der Darmbarriere einherging und so eine chronische Darmentzündung hervorrief. Interessanterweise konnten die Forscher außerdem belegen, dass sich Epithelzellen von Patienten, die an chronisch entzündlichen Darmerkrankungen leiden, durch eine eingeschränkte Fähigkeit zur Prenylierung und eine gestörte Ausbildung von Rho-A vermittelten Signalen auszeichnen.
Weiterführend gilt es nun die spannende Frage zu beantworten, ob es möglich sein wird, die hier erzielten Erkenntnisse für die Entwicklung von zukünftigen Therapiestrategien zur verbesserten Behandlung von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zu nutzen.
Diese Forschungsarbeit wurde unter anderem unterstützt durch Mittel der Europäischen Union (People Programme Marie Curie Actions, Grant 302170), des Interdisziplinären Zentrums für Klinische Forschung (IZKF) der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Klinische Forschergruppe KFO257 CEDER).
Originalveröffentlichung: Rocío López-Posadas, Christoph Becker, Claudia Günther, Stefan Tenzer, Kerstin Amann, Ulrike Billmeier, Raja Atreya, Gionata Fiorino, Stefania Vetrano, Silvio Danese, Arif B. Ekici, Stefan Wirtz, Veronika Thonn, Alastair J.M. Watson, Cord Brakebusch, Martin Bergö, Markus F. Neurath, and Imke Atreya: Rho-A prenylation and signaling link epithelial homeostasis to intestinal inflammation. Journal of Clinical Investigation, 11. Januar 2016.
Weitere Informationen:
Dr. Imke Atreya
Tel.: 09131/85-39602
imke.atreya@uk-erlangen.de