Sterbende begleiten – ein wichtiger Baustein im Wertefundament unserer Gesellschaft
Der Umgang mit dem Lebensende hat sich nicht zuletzt durch medizinische und gesellschaftliche Entwicklungen in den letzten Jahren verändert. Wie kann menschenwürdiges Sterben heute aussehen? Welche politischen sowie institutionellen Rahmenbedingungen der Hospiz- und Palliativversorgung sind dafür Voraussetzung?
Diese Fragen diskutierte Prof. Dr. Peter Dabrock, Professor für Systematische Theologie an der FAU und stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Ethikrats auf Einladung des Bundespräsidenten Joachim Gauck am Montag, den 2. November 2015 beim Bellevue-Forum mit Franz Müntefering (Bundesminister a. D.; Präsident des Arbeiter-Samariter-Bundes), Prof. Dr. Lukas Radbruch (Direktor der Klinik für Palliativmedizin, Universitätsklinikum Bonn; Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin), Dr. Anja Schneider (Leiterin Anhalt-Hospiz Dessau; Vorstandsmitglied des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbandes e.V.), sowie Teresa Weißbach (Schauspielerin; ehrenamtliche Sterbebegleiterin).
Herr Prof. Dabrock, in Berlin haben Sie auf die Schlüsselrolle hingewiesen, die ehrenamtliches Engagement in der Hospiz- und Palliativversorgung für unser Gemeinwesen insgesamt einnimmt.
Oft kann nur durch den hohen Einsatz vieler Menschen, die sich professionell oder ehrenamtlich in der Hospiz- und Palliativversorgung engagieren, gewährleistet werden, dass zum guten Sterben vor allem ein tragendes und ertragendes Beziehungsnetz dazugehört. Dies, wo vorhanden, zu entlasten und zu stärken, und dort, wo es fehlt, zu bilden, schenkt dem Sterbenden in der letzten Phase seines Lebens das Gefühl von Würde.
Hinzu kommt, dass die Trauerarbeit der Hinterbliebenen durch die Erfahrung, das Sterben begleitet haben zu dürfen und selbst unterstützt worden zu sein, eine ganz wichtige Stärkung bekommt. Nicht durch Sonntagsreden, sondern durch ihr alltägliches, oft stilles Engagement geben die in der Hospiz- und Palliativversorgung Engagierten Zeugnis ab, dass wirkliche Selbstbestimmung nämlich oft von guten Beziehungen getragen wird und dass die Würde des Menschen nicht daran hängt, welche Fähigkeiten man besitzt. So kann für alle Beteiligten das Sterben eines Menschen zum Spiegel guten Lebens und damit ein Modell für ein menschliches Gemeinwesen werden.
Welche Aufgaben stehen nun unmittelbar an?
Aus sozialethischer Perspektive ist noch viel zu tun, damit diese Grundideen der Hospiz- und Palliativversorgung bei möglichst allen Menschen ankommen und so das Wertfundament unserer Gesellschaft stärken können. Es ist schon viel darüber diskutiert worden, dass die Hospiz- und Palliativversorgung bis in die ländlichen Regionen hinein gestärkt werden muss. Darüber hinaus ist es auch nötig, die Betreuung von Menschen in prekären Lebenslagen stärker in den Blick zu nehmen: Menschen mit Behinderung, solche mit Migrationshintergrund oder Menschen in schwierigen finanziellen Umständen müssten die Chancen der Hospiz- und Palliativversorgung noch näher gebracht werden.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Peter Dabrock
Tel.: 09131/8522724
peter.dabrock@fau.de
Bildmaterial:
Portrait von Prof. Dr. Peter Dabrock in voller Auflösung (Bildquelle: Dominik Gigler)