Forschungsmillionen für Erlanger Materialwissenschaftler

Graphenschicht (grau), an die weitere Moleküle angehängt sind. Dieses funktionalisierte Graphen eröffnet vielfältige Anwendungsperspektiven. Bild: FAU/SFB 953
Graphenschicht (grau), an die weitere Moleküle angehängt sind. Dieses funktionalisierte Graphen eröffnet vielfältige Anwendungsperspektiven. Mehr dazu gibt es bei der Veranstaltung „Moderne Physik am Samstagmorgen“. (Bild: FAU/SFB 953)

DFG fördert zwei Sonderforschungsbereiche mit FAU-Beteiligung für weitere vier Jahre

Graphen gilt wegen seiner physikalischen und chemischen Eigenschaften als eines der vielversprechendsten neuen Materialien. Doch ist es tatsächlich das Wundermaterial der Zukunft? Kann Graphen dazu beitragen, Energieprobleme zu lösen? Und wie können wissenschaftliche Erkenntnisse effizient in wirtschaftliche Produkte umgesetzt werden? An solchen Fragen arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Universitäten im Sonderforschungsbereich SFB 953 „Synthetische Kohlenstoffallotrope“, bei dem die Rolle der Sprecheruniversität bei der FAU liegt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat soeben bekannt gegeben, dass das vielversprechende Projekt für weitere vier Jahre  mit einer Summe von etwa 15 Millionen Euro gefördert wird. Ebenfalls verlängert hat die DFG den Sonderforschungsbereich Transregio 103 „Vom Atom zur Turbinenschaufel“.  In diesem Verbund forschen die Ruhr-Universität Bochum und die FAU gemeinsam mit Partnern an neuen einkristallinen Superlegierungen: Sie sind Schlüsselwerkstoffe moderner Gasturbinen in der Luftfahrt und bei der Energieversorgung. Auch die Materialwissenschaftler werden für weitere vier Jahre mit insgesamt mit etwa 15 Millionen Euro gefördert.

„Die Weiterförderung dieser beiden wichtigen Forschungsverbünde zeigt ganz deutlich, wie stark die FAU in den Materialwissenschaften ist“, sagt FAU-Präsident Prof. Dr. Joachim Hornegger. „Nicht zuletzt dank unseres Exzellenzclusters Engineering of Advanced Materials hat sich Erlangen-Nürnberg in diesem Feld – national wie auch international – zu einem zentralen Forschungsstandort entwickelt. Unsere Forschungsergebnisse sind essentiell auch für den Wettbewerbsvorteil unseres Landes im internationalen Vergleich: Deutschland verfügt selbst über wenig Rohstoffe – kann und muss dafür aber mit dem Know-how punkten, mit dem die Materialien der Zukunft entwickelt werden.“

Graphen im Fokus interdisziplinärer Zusammenarbeit

Kohlenstoff tritt in einer Vielzahl von Erscheinungsformen auf, die sich in ihren Eigenschaften stark unterscheiden. Bekannt sind beispielsweise der extrem harte, durchsichtige Diamant und der eher weiche, metallisch glänzende Graphit. Man spricht dabei von allotropen Formen des Kohlenstoffs, die ihre unterschiedlichen Eigenschaften der Beschaffenheit der chemischen Bindungen zwischen den Kohlenstoffatomen verdanken. Synthetische Kohlenstoffallotrope, wie Kohlenstoffnanoröhren und Graphen, gehören gegenwärtig zu den vielversprechendsten Materialklassen und weisen ein enormes Potenzial für Hochleistungsanwendungen auf. Gleichzeitig sind sie ideale Modellsysteme für die Untersuchung von einer Reihe fundamentaler chemischer und physikalischer Fragestellungen, wie zum Beispiel form- und ladungsabhängiges Binden und Freisetzen von Molekülen oder Ladungstransport in begrenzten Raumbereichen. Unter der Leitung von FAU-Forscher Prof. Dr. Andreas Hirsch widmet sich der SFB 953 diesen Themen in interdisziplinärer Zusammenarbeit von Chemikern, Physikern, Ingenieuren und Theoretikern.

„Die in der ersten Förderperiode initiierte, sehr erfolgreiche Erforschung von neuen funktionalen Kohlenstoffarchitekturen mit bislang nie dagewesenen optoelektronischen Eigenschaften  soll im Rahmen dieser Folgeförderung konsequent weitergeführt werden“, erklärt Prof. Dr. Andreas Hirsch. „Wir werden uns insbesondere der Entwicklung von elektronischen Bauelementen zuwenden, die ausschließlich aus Kohlenstoff in einer maßgeschneiderten Atomanordnung vorliegen. Dies ist der Zugang zu einer ganz neuen Welt von Hochleistungsmaterialien.“

Turbinenschaufeln von morgen

Einkristalline Superlegierungen stellen Schlüsselwerkstoffe für Turbinenschaufeln in modernen Gasturbinen für die Luftfahrt und für die Energieversorgung dar. Damit sind sie für die Mobilität unserer modernen Gesellschaft ebenso unverzichtbar wie für ihre nachhaltige Elektrizitätsversorgung, gleichgültig, ob bei letzterer fossile Brennstoffe oder die Solarthermie die Grundlage bilden. Höhere Wirkungsgrade bei höherer Nachhaltigkeit in Gasturbinen können nur über eine neue Einkristalltechnologie erreicht werden. Dafür ist es essentiell, dass es den Wissenschaftlern gelingt, materialwissenschaftliche Aspekte der Legierungsentwicklung besser zu verstehen, neue verfahrenstechnische Prozesse für die Einstellung spezifischer Nano- und Mikrostrukturen mit optimierten Eigenschaften zu entwickeln, neue Prüf- und Untersuchungsmethoden zu etablieren und schließlich die skalenübergreifende Modellierung von der atomistischen bis hin zur makroskopischen Ebene zu bewältigen. Koordiniert vom Erlanger Sprecher Prof. Dr.-Ing. Robert F. Singer, arbeiten an dieser Aufgabe Naturwissenschaftler, Werkstoffingenieure und Fertigungstechniker.

„In der ersten Förderphase ist bereits die Entwicklung einer vielversprechenden neuen Einkristalllegierung gelungen“, so Prof. Dr. Robert Singer.  „Auf diesem Erfolg wollen wir aufbauen. Grundlage war die numerische Simulation von Werkstoffeigenschaften auf der Basis eines besseren mechanistischen Verständnisses.“

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Andreas Hirsch
Tel.: 09131/85-22537
andreas.hirsch@fau.de

Prof. Dr. Robert Singer
Tel.: 09131/85-27530
robert.singer@ww.uni-erlangen.de