FAU-Geologe untersucht Geburt von Subduktionszonen
Bohrungen einer internationalen Forscherexpedition liefern Erkenntnisse zur Plattentektonik
Die Bewegung der Erdplatten ist von fundamentaler Bedeutung für die Gestalt unseres Planeten. Sie ist unter anderem verantwortlich für das Entstehen von Gebirgen und Tiefseerinnen und kann langfristig sogar das Klima beeinflussen. Plattentektonische Prozesse sind ein interessantes, wenn auch schwer zu erforschendes Feld für Wissenschaftler, denn wichtige Gesteinsschichten liegen oft viele Kilometer tief unter der Oberfläche verborgen.
Bei einer Expedition südlich von Japan hat ein internationales Forscherteam, an dem auch die FAU beteiligt war, mit einem Schiff nun wissenschaftliche Bohrungen in über 6.000 Meter Tiefe durchgeführt, um genauere Erkenntnisse über die Grundlagen der Plattentektonik zu erlangen.
Wenn eine Platte unter die andere rutscht
Die Erde kann vereinfacht in drei Schichten eingeteilt werden: den geschmolzenen Erdkern, den zähflüssigen Erdmantel und als äußerste Schicht die feste Erdkruste. Die Erdkruste besteht aus einzelnen, etwa 100 Kilometer dicken, Platten, die auf dem Erdmantel ‚schwimmen’. Bewegen sich zwei Erdplatten aufeinander zu, kommt es vor, dass die Platte mit höherer Dichte unter die andere rutscht. Durch den steigenden Druck werden Wasser und andere Fluide aus der Platte gepresst, wodurch diese weiter an Dichte zunimmt und in den Erdmantel abtaucht. Dieser Vorgang wird Subduktion genannt.
Geologen wissen heute zwar, wo Subduktionszonen liegen und es gibt theoretische Modelle darüber, wie diese vor Jahrmillionen entstanden, aber tatsächliche Nachweise sind rar. Denn die Erforschung der entsprechenden Gesteinsschichten ist technisch äußerst aufwendig, da diese viele Kilometer tief unter der Meeresoberfläche liegen. Mit der Expedition 351 des „International Ocean Discovery Programs“ (IODP) haben Wissenschaftler nun so ein aufwendiges Vorhaben gewagt und wichtige Informationen gewinnen können.
Mit an Bord war Dr. Philipp Brandl vom GeoZentrum Nordbayern an der FAU. Brandl war bei der Expedition Teil des Teams, das die Bohrkerne archiviert und beprobt. Die Forscher beschrieben das Gestein unter anderem nach Mineralzusammensetzung und Korngröße und nahmen bereits an Bord erste Proben für die Untersuchung der mineralogischen und chemischen Zusammensetzung. Die Bohrkerne aller IODP-Expeditionen – insgesamt viele hundert Kilometer Kernmaterial – werden weltweit in drei Kernlagern aufbewahrt und sind allen Wissenschaftlern offen. Anhand dieser Proben können die Forscher weit in die Erdgeschichte zurückblicken.
Subduktion beginnt spontan
„Von der Bohrung und den gewonnenen Proben erhoffen wir uns zu verstehen, wie Subduktion eigentlich beginnt. Wie reagiert zum Beispiel der über der abtauchenden Platte liegende Erdmantel, wenn Wasser und Sedimente freigesetzt werden und über welchen Zeitraum erstreckt sich die Geburt einer neuen Subduktionszone?“, erklärt Brandl die Bedeutung der Bohrarbeiten. „Die Schichtabfolge und die gewonnen Daten aus der Bohrung selbst bieten die einzigartige Möglichkeit, die plattentektonischen Vorgänge unseres Planeten besser zu verstehen.“
Durch die vorläufige Auswertung der Tiefbohrung konnten die Wissenschaftler zum Beispiel bereits nachweisen, dass sich eine Subduktionszone innerhalb von Hundertausenden bis wenigen Millionen Jahren neu bilden kann – erdgeschichtlich gesehen also in relativ kurzer Zeit. Wenn aber eine Erdplatte sozusagen ‚spontan’ in das Erdinnere absinkt, muss sich neue Kruste an der Oberfläche nachbilden. Der grundlegende Mechanismus dabei ähnelt sehr dem am Mittelozeanischen Rücken, wo Erdplatten auseinanderdriften und aufsteigendes Magma zu neuer Kruste erstarrt.
Im Falle der in knapp sechs Kilometer Tiefe erbohrten Kruste kann man aber chemisch eindeutig den direkten Einfluss einer Subduktionszone nachweisen. Beim Abtauchen der Erdkruste in den Erdmantel werden nämlich Fluide – wie zum Beispiel Wasser – aus der Kristallstruktur des Gestein gepresst und steigen in die darüber liegende Schicht des Erdmantels auf. In Folge wird dort der Schmelzpunkt des Gesteins herabgesetzt und es entsteht Magma mit einer speziellen chemischen Signatur, die für Geologen ähnlich charakteristisch ist wie für Kriminologen ein Fingerabdruck. Während der Geburt einer neuen Subduktionszone bildet diese Gesteinsschmelze dann zuerst großflächig eine neue Kruste bevor die vulkanische Aktivität entlang von Vulkanketten, den sogenannten Inselbögen, fokussiert wird.
Mit dieser Expedition werden wir die Vorgänge der Plattentektonik sehr viel besser verstehen.
Mit dieser Bohrung konnten die Forscher weit von der heutigen Plattengrenze entfernt dieses spezielle Gestein nachweisen. Daraus konnten sie rekonstruieren, wie die Geburt einer Subduktionszone abläuft und wie weiträumig sich dieser Prozess zeitgleich ereignen kann. „Zahlreiche Arbeitsgruppen arbeiten derzeit an der Auswertung der Proben“, so Brandl. „Mit dieser Expedition werden wir die Vorgänge der Plattentektonik sehr viel besser verstehen.“
Die ersten Ergebnisse der Untersuchungen des erbohrten Gesteins wurden Ende August im Magazin Nature veröffentlicht.
Weitere Informationen:
Dr. Philipp Brandl
philipp.brandl@fau.de