In „Nature“: Neue Nanostrukturen für den effizienten Transport von Lichtenergie
Die Umwandlung von Lichtenergie in Strom gewinnt immer mehr an Bedeutung. Technische Fortschritte auf diesem Gebiet hängen wesentlich davon ab, dass es gelingt, die durch Licht erzeugte Energie bei nur minimalen Verlusten zu transportieren. Dafür werden neuartige Komponenten und Bauelemente benötigt. Wissenschaftler der FAU und und der Universität Bayreuth berichten jetzt im Forschungsmagazin „Nature“ über Nanofasern, die bei Raumtemperatur einen zielgerichteten Energietransport erstmals über mehrere Mikrometer ermöglichen. Dies wird durch einen quantenmechanisch kohärenten Transport entlang der einzelnen Nanofaser gewährleistet.
Nanostrukturen aus scheibchenförmigen Bausteinen
Die Forscher haben supramolekulare Nanostrukturen hergestellt, in denen sich die von Licht erzeugte Energie geradlinig über mehrere Mikrometer fortpflanzt – und zwar bei Raumtemperatur, ohne dabei wesentlich schwächer zu werden. Diese Nanostrukturen sind aus über 10.000 identischen Bausteinen aufgebaut. Jeder Baustein ähnelt dabei in seiner Struktur einem Propeller mit drei Flügeln: In der Mitte befindet sich eine Carbonyl-verbrückte Triarylamin-Einheit; hieran sind drei Naphthalimidbithiophen-Chromophore befestigt, die nach außen abstehen. Diese scheibchenförmigen Bausteine bilden spontan durch Selbst-organisation Nanofasern mit Längen von mehr als 4 Mikrometern und einem Durchmesser von nur 0,005 Mikrometern (zum Vergleich: ein menschliches Haar ist ungefähr 50 bis 100 Mikrometer dick). Entscheidend für den Energietransport ist die Carbonyl-verbrückte Tria-rylamin-Scheibe, die von der Forschungsgruppe um Dr. Milan Kivala an der FAU Erlangen-Nürnberg synthetisiert und an der Universität Bayreuth chemisch modifiziert wurde.
Effizienter Energietransport bei Raumtemperatur
Mit einer Vielzahl von Mikroskopietechniken haben die Wissenschaftler sichtbar gemacht, wie die Energie eine solche Nanofaser in Längsrichtung durchläuft. Selbst bei ei-ner Distanz von 4,4 Mikrometern treten nur äußerst geringfügige Verluste auf. Würde man – wiederum auf dem Weg der Selbstorganisation – die Faser um weitere Bausteine verlängern, könnte die Energie auch diese größere Reichweite durchlaufen. Beim Energietransport durch die Nanofaser arbeiten die perfekt angeordneten molekularen Bausteine in einer präzise aufeinander abgestimmten Weise. Sie geben die Energie in einem gleichmäßigen Takt von einem Baustein zum nächsten weiter: ein Phänomen, das in der physikalischen Forschung als quantenmechanische Kohärenz bezeichnet wird.
Pflanzliche Photosynthese als Vorbild
„Wir haben hier sehr vielversprechende Nanostrukturen vor uns, die deutlich machen, dass die Suche nach optimal geeigneten Materialien für den effizienten Transport von Lichtenergie ein lohnendes Forschungsgebiet darstellt“, erklärt Dr. Richard Hildner, der sich an der Universität Bayreuth auf das Forschungsgebiet des „Light Harvesting“ („Lichternte“) spezialisiert hat. Hier geht es darum, die Transportprozesse in der pflanzlichen Photosynthese möglichst genau zu verstehen, um die dabei gewonnenen Erkenntnisse für die Energieerzeugung aus Sonnenlicht zu nutzen.
„Die von uns synthetisierten supramolekularen Nanostrukturen können uns möglicherweise weiteren Aufschluss darüber geben, wie der Photosynthese-Apparat in Pflanzen oder auch in Bakterien funktioniert. Außerdem wollen wir in den nächsten Monaten prüfen, inwieweit sich diese Strukturen beispielsweise als Komponenten für neuartige Architekturen von Solarzellen und optischen Bauelementen eignen“, so Hildner.
Bayerische Kooperationen in der Polymerforschung
Die jetzt in „Nature“ veröffentlichten Forschungsergebnisse sind aus einer engen und in Deutschland einzigartigen interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Physikern und Chemikern auf dem Gebiet der Polymerforschung hervorgegangen. „Unser Beitrag in ‚Nature‘ ist auch ein Beleg für die ausgezeichnete Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Chemie und Physik der FAU und der Universität Bayreuth. Zukünftig wollen die nordbayerischen Universitäten Erlangen-Nürnberg, Bayreuth und Würzburg ihre Kooperation im Rahmen des Bayerischen Polymerinstituts (BPI) weiter intensivieren“, so Prof. Dr. Hans-Werner Schmidt, der seitens der Universität Bayreuth den Aufbau des BPI vorantreibt.
Weitere Informationen:
Dr. Milan Kivala
Tel.: 0913/85-23429
milan.kivala@fau.de