Betreuung Todkranker und ihrer Familien

Ruheraum der Palliativmedizinischen Abteilung. (Bild: Georg Pöhlein)
Ruheraum der Palliativmedizinischen Abteilung. (Bild: Georg Pöhlein)

Erlanger Wissenschaftler erarbeiten ersten deutschsprachigen Fragebogen zur Qualität des Sterbens

Schwerstkranke Menschen an ihrem Lebensende zu begleiten, ihnen Schmerzen zu nehmen und eine gute verbleibende Lebenszeit zu schaffen, das ist das Ziel der Palliativmedizin. „Ich freue mich, dass die Bedeutung der Palliativmedizin zunehmend erkannt wird und immer mehr Patienten in Deutschland von entsprechenden Angeboten profitieren können“, sagt Prof. Dr. Christoph Ostgathe, Leiter der Palliativmedizinischen Abteilung des Universitätsklinikums Erlangen.

Umso wichtiger sei es nun, Qualitätsstandards für die in den vergangenen Jahren gewachsenen Versorgungsstrukturen in Deutschland zu definieren. Eine Erhebung zu diesem Thema und vor allem in einem Zeitraum durchzuführen, der für die Betroffenen und ihre Familien besonders schwer ist, ist eine immense Herausforderung. Wissenschaftler der Erlanger Palliativmedizin haben jetzt gemeinsam mit Mainzer Kollegen im Rahmen einer Studie den englischsprachigen Fragebogen „Quality of Dying and Death“ für den deutschen Sprachraum erprobt und angepasst.

Die deutsche Variante kann somit ab sofort bundesweit, aber z. B. auch in der Schweiz und in Österreich, von Palliativstationen verwendet werden. Die Erlanger und Mainzer Arbeitsgruppe plant nun eine Weiterentwicklung und Erprobung für andere Einsatzorte wie Pflegeheime und Hospize.

Mit denjenigen, die uns unterstützen wollten, vereinbarten wir dann persönliche Interviewtermine

Der angloamerikanische Fragebogen „Quality of Dying and Death“ (QoDD) erfasst Erfahrungen aus der Sterbephase und zu den Umständen des Todes aus der Sicht von Nahestehenden. Um das Instrument nun auch im deutschen Sprachraum nutzen zu können, haben die Forscher aus Erlangen und aus Mainz zum einen den Text übersetzt und zum anderen die Erhebung wissenschaftlich erprobt. „Zwischen Juli 2012 und November 2013 riefen wir Nahestehende von Palliativpatienten, die in Erlangen oder Mainz betreut worden waren und verstarben, etwa vier Wochen später an“, erläutert PD Dr. Stephanie Stiel, Projektleiterin am Uni-Klinikum Erlangen. „Mit denjenigen, die uns unterstützen wollten, vereinbarten wir dann persönliche Interviewtermine.“

Ergänzend zu den Antworten der Verwandten und Angehörigen, gaben zu jedem Patienten außerdem zwei Klinikmitarbeiter aus unterschiedlichen Berufsgruppen ihre Einschätzungen ab. Abgefragt wurden beispielsweise körperliche und psychische Dimensionen, spirituell-existenzielle Erfahrungen, die Art der Versorgung, Vorbereitungen auf den Tod, die Umstände des Todes des betreffenden Menschen, seine sozialen Bezüge, Behandlungswünsche sowie „whole person concerns“, also die Rundumsituation des Patienten und der Nahestehenden.

Gemeinsames Ziel: bestmögliche Betreuung am Lebensende

„Ziel der Studie war es, herauszufinden, ob sich mithilfe des vorliegenden Fragenbogens, der im Kontext des amerikanischen Gesundheitswesens entwickelt worden war, auch die Qualität der Palliativversorgung in Deutschland ermitteln lässt“, erläutert PD Stiel. Dafür haben die Wissenschaftler in Erlangen und in Mainz insgesamt rund 230 Interviews geführt und auf Basis der dabei gewonnenen Erkenntnisse einige Fragen angepasst. „Der Fragebogen soll jetzt breite Anwendung finden und den Vergleich und die Verbesserung von Versorgungssituationen ermöglichen“, sagt Prof. Ostgathe. „Übergeordnetes Ziel ist es, schwer kranken und sterbenden Patienten und ihren Nahestehenden die bestmögliche Behandlung und Betreuung zukommen lassen zu können.“ Durch die dynamische Entwicklung und den Ausbau von palliativmedizinischen Versorgungsstrukturen und Behandlungsoptionen in Deutschland in den vergangenen Jahren werde zunehmend die Forderung laut, die Qualität der Betreuung darzustellen und – falls notwendig – zu verbessern. Während allgemeine und spezifische Qualitätsindikatoren für die Palliativmedizin diskutiert werden, gebe es erste internationale Messinstrumente, die sich dem facettenreichen und ganzheitlichen Anspruch der Palliativmedizin nähern.

Ergebnisse der Studie

Die Ergebnisse der Erlanger und Mainzer Studie wurden veröffentlicht und können online nachgelesen werden – im Journal of Pain and Symptom Management und BioMed Central.

Weitere Informationen:

PD Dr. Stephanie Stiel
Tel.: 09131/85-42511
stephanie.stiel@uk-erlangen.de