Wie Solarzellen helfen, Knochenbrüche zu finden
FAU-Forscher verwenden neues Material für Röntgendetektoren
Nicht um Sonnenlicht geht es ihnen, sondern um Röntgenstrahlen: Wissenschaftler der FAU haben zusammen mit Forschern aus Österreich und der Schweiz erstmals gezeigt, dass ein Halbleiter, der normalerweise in Solarzellen zum Einsatz kommt, auch auf Röntgenstrahlen empfindlich reagiert – und zwar genauso gut wie Materialien, die bislang verwendet werden. Die Vorteile: Zum einen ist die Herstellung einfacher und damit deutlich günstiger und zum anderen erweitern sich die Anwendungsbereiche. Ihre Ergebnisse haben sie jetzt in der Fachzeitschrift Nature Photonics veröffentlicht.*
Während Röntgenbilder früher – und zum Teil auch heute noch – mit fotografischen Filmen aufgenommen wurden, gibt es mittlerweile auch digitale Röntgenkameras, die jedoch immens kostspielig sind. In den Detektoren werden Halbleiter aus Silizium oder Selen in aufwändigen und komplizierten Vakuumverfahren verbaut. In der Solartechnik, bei der es wie in der Röntgentechnik grundsätzlich ebenfalls darum geht, Licht zu absorbieren, werden immer häufiger sogenannte lösungsprozessierte Halbleiter eingesetzt: Sie lassen sich einfach auf Trägerschichten wie Glas oder Kunststoff aufdrucken und helfen damit, Produktionskosten erheblich einzusparen. FAU- Wissenschaftler um Prof. Dr. Wolfgang Heiß, Lehrstuhl für Werkstoffwissenschaften (Materialien der Elektronik und der Energietechnologie), sind gemeinsam mit Forschern der Johannes Kepler Universität Linz und der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich der Frage nachgegangen, ob diese Halbleiter, die in Solarzellen auf Lichtwellen reagieren, auch für Röntgenbilder geeignet sein könnten.
Wird ein Röntgenbild von Knochen im Körper aufgenommen, werden Röntgenstrahlen auf die betreffende Stelle gerichtet. Die Strahlen durchdringen den Körper, werden dort von den verschiedenen Gewebearten mehr oder weniger stark absorbiert und treffen auf den dahinterliegenden Detektor. Dieser muss – um überhaupt ein brauchbares Bild zu erhalten – die auftreffenden Strahlen in hohem Maße absorbieren.
Für ihre Versuche bestrahlten die Wissenschaftler eine Dünnschicht-Solarzelle, bestehend aus einem Halbleiter aus einem metall-organischen Perowskiten mit Röntgenwellen. Dieser Halbleiter hat unter anderem einen hohen Anteil Blei. Das Element absorbiert – im Gegensatz zu leichteren Elementen oder biologischen Substanzen – Röntgenstrahlung vergleichsweise gut. Die Forscher stellten fest, dass sich der Halbleiter prinzipiell sehr gut eignet, um die Strahlen zu detektieren. Jedoch fanden sie auch heraus, dass die Solarzellen selbst viel zu dünn sind, um als Detektoren zu dienen: Sie sind nur wenige Mikrometer dick, absorbieren dadurch zu wenig Röntgenstrahlung – und erzeugen daher keine ausreichend scharfen und detailreichen Bilder. Die Kollegen an der Universität Linz stellten daraufhin Detektoren her, bei denen die Halbleiterschicht etwa 300mal so dick war wie in den Solarzellen. Die Materialien sprühten die Forscher mit einer Air-brush-Technik auf. Damit erreichten sie eine homogene Beschichtung mit ausreichenden elektrischen Eigenschaften, um Röntgenstrahlung zu detektieren.
Was die Wissenschaftler besonders überraschte: Mit den Detektoren, die auf den Halbleitern aus den Solarzellen basierten, erzielten sie genauso gute Ergebnisse wie mit Detektoren aus Festkörper-Halbleitern, für deren Herstellung aufwendige Vakuum-Beschichtungsanlagen nötig sind. Mit ihren Ergebnissen ist den Forschern ein wesentlicher Schritt in Richtung kostengünstiger Röntgendetektoren gelungen. Diese könnten in Zukunft möglicherweise auch auf flexible Kunststoffe wie Kapton oder PET aufgesprüht werden, was den Einsatzbereich in der Material- und in der medizinischen Analytik immens erweitern würde. Die Air-Brush-Technik könnte sich vor allem für großflächige Detektor-Arrays eignen, wie sie beispielsweise in Röntgenkameras eingesetzt werden, die in der Medizintechnik für Koronarangioplastien, oder in der Materialprüfung angewendet werden.
*doi:10.1038/nphoton.2015.82
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Wolfgang Heiß
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wolfgang.heiss@fau.de