Die Sterilgutaufbereitung des Uni-Klinikums
Serie über besondere Orte an der FAU und am Uni-Klinikum
Etwa 50.000 medizinische, wiederverwendbare Instrumente sind in der Chirurgie des Uni-Klinikums Erlangen im Umlauf: Scheren, Pinzetten, Klemmen, Spezialinstrumente oder hochempfindliche Arbeitsarme für den OP-Roboter „Da Vinci“. Alle kommen während der Eingriffe mit Blut und anderen Körperflüssigkeiten sowie oft auch mit Keimen unterschiedlichster Art in Berührung. In der nächsten OP müssen sie wieder steril sein – dafür sorgt ein aufwendiger Aufbereitungsprozess.
Bis ein Instrument bei einem Eingriff eingesetzt werden kann, dauert es mindestens vier Stunden. So viel Zeit wird zum Zerlegen, Reinigen, Desinfizieren, Überprüfen, Pflegen, Verpacken und Sterilisieren benötigt. Jeder einzelne Schritt wird durch ein elektronisches Dokumentationssystem genau erfasst. Dies ermöglicht auch noch 15 Jahre nach der Operation nachvollziehen zu können, wer das Operationsbesteck eines Patienten in den Händen hielt und wie der Sterilisationsprozess vonstattenging.
Herzstück der Instrumentenaufbereitung ist die Zentrale Sterilgutversorgungsabteilung (ZSVA). Sie liegt im dritten Stock der Chirurgischen Klinik, nur wenige Schritte vom Zentral-OP entfernt. Doch auf dem Weg vom OP durch die ZSVA und wieder zurück in den OP durchläuft jedes Instrument mehrere Stationen.
Alle Schritte werden gespeichert
Am Nachmittag ist in der Dekontaminationszone kaum mehr ein Durchkommen. Viele Wagen mit gebrauchten Instrumenten warten auf die Aufbereitung. Zwei Mitarbeiter reinigen die Instrumente zunächst mit Wasser oder Ultraschall vor und sortieren sie auf spezielle Beladungswagen für die Reinigungs- und Desinfektionsgeräte. Bereits hier scannen und registrieren sie jedes Instrumentenset: Über einen Barcode sind alle Arbeitsanweisungen gespeichert und mit Hinweisen zur Reinigung hinterlegt. Für besonders sensible oder verschmutzte Instrumente haben die Reinigungsautomaten spezielle Programme. Ein Waschgang dauert etwa eine Stunde, das Wasser wird dabei auf 95 Grad im Hauptwaschgang erhitzt. Die ZSVA setzt eine Zwei-Phasen-Reinigung mit zwei Vorwaschgängen ein. Diese ist zwar teuer, dafür aber besonders sicher.
Bis auf die Glastüren unterscheiden sich die Reinigungs- und Desinfektionsautomaten optisch kaum von einer herkömmlichen Spülmaschine. Doch die Technik ist eine viel ausgefeiltere. Die Maschinen registrieren aufs Genaueste, ob alle Vorgaben eingehalten werden. Schwankt beispielsweise der Wasserdruck oder die Temperatur, dreht sich einer der Sprüharme zu langsam oder zu schnell, bricht die Maschine sofort das Reinigungsprogramm ab und meldet einen Fehler. In solch einem Fall muss der Reinigungsprozess neu gestartet werden.
Eine weitere Besonderheit: Die Reinigungsautomaten sind als Durchreiche konstruiert. Sie haben auf zwei Seiten Türen, die aber nicht zeitgleich geöffnet werden können. Die Mitarbeiter in der Dekontaminationszone beladen sie im unreinen Bereich, nach der Reinigung übernehmen ihre Kollegen im Packbereich. Dort werden die Instrumente aus den Maschinen zu kompletten OP-Sets sortiert. Die Mitarbeiter kontrollieren nochmals die Reinigung, prüfen die Funktion der Instrumente und pflegen sie mit Ölen. Dabei scannen sie erneut den angebrachten Barcode und registrieren sich als „Packer“. Dadurch sind sie für die nächsten 15 Jahre im Dokumentationssystem mit diesem Instrumentenset elektronisch verbunden.
Im nächsten Schritt werden die Instrumente entweder einzeln eingeschweißt oder in Sterilgutcontainer verpackt. Diese werden mit einem Aufkleber versehen, der alle Daten zur Aufbereitung enthält und bei der Operation in die Patientenakte geklebt wird.
Bevor die Instrumente allerdings in den OP dürfen, fehlt noch ein wichtiger Schritt: Die Container und Einzelverpackungen werden im Sterilisator bei 134 Grad sterilisiert. Auch diese Daten werden elektronisch registriert und zentral gespeichert. Es ist ein immens ausgeklügeltes System, nach dem in der ZSVA gearbeitet wird.
Wie die Reinigungsautomaten können auch die Sterilisatoren von zwei Seiten geöffnet werden. Ist das Programm beendet, überprüfen die Mitarbeiter im Sterilgutbereich die Prozessdaten sowie jeden Container und jede Tüte auf Unversehrtheit und registrieren dies erneut. Die Instrumente des Zentral-OPs lagern in einem der 65 Schränke im Sterilgutlager, einem Raum zwischen der ZSVA und dem Zentral-OP. Die Instrumente der anderen Kliniken werden auf geschlossenen Transportwagen im sogenannten Wagenbahnhof nach Einsatzort sortiert und von dort abgeholt. Dann sind sie bereit für die nächste OP.
Kontrolle bringt Sicherheit
Bevor der Patient in den Operationssaal geschoben wird, bereiten die OP-Schwestern das Instrumentarium für den Eingriff vor. Im Vier-Augen-Prinzip zählen sie alle Instrumente und Textilien wie Kompressen oder Bauchtücher, die für die Operation benötigt werden und legen sie bereit. Die Schwestern kontrollieren dabei ein weiteres Mal, ob die Verpackungen dicht und unbeschädigt sind. So stellen sie sicher, dass alles steril ist. Nach der Operation werden alle Instrumente und Textilien erneut gezählt. Und erst, wenn die OP-Schwester bestätigt, dass alles vollzählig ist, beginnt der Operateur mit dem Wundverschluss. Für die Instrumente beginnt der Kreislauf der Aufbereitung dann erneut.
In der ZSVA der Chirurgie des Uni-Klinikums arbeiten 27 Mitarbeiter im Zwei-Schicht-Betrieb. Die Abteilung ist an 365 Tagen besetzt und produziert täglich rund 750 Sets, Einzelverpackungen oder Container, die teilweise viele kleine Einzelteile enthalten. Jeder Schritt der Aufbereitung wird nach einer Norm, Richtlinie oder DIN-Vorschrift geregelt. Es ist ein Bereich, der sehr stark kontrolliert wird, aber das ist auch gut so. Denn damit trägt die ZSVA einen Teil zur sicheren Patientenversorgung bei.
Serie über besondere Orte an der FAU
An der FAU gibt es viele spannende Orte. Wir stellen sie im alexander regelmäßig vor. Im Blog finden Sie alle Beiträge zu den besonderen Orten an der FAU auch zusammengefasst auf einer Seite.
Neugierig auf mehr?
Dieser Text erschien auch in unserem Magazin alexander. Weitere Themen der Ausgabe Nr. 98: ein Interview mit dem neuen FAU-Präsidenten Prof. Dr. Joachim Hornegger, ein Besuch bei Studierenden, die ein Elektromotorrad bauen sowie ein Interview mit einem FAU-Alumnus und Medizin-Pionier, der die künstliche Befruchtung in Jordanien eingeführt hat.