Immuntherapie bei Lungenkrebs
FAU-Wissenschaftler identifizieren die Rolle von Botenstoff Interleukin-6
Lungenkrebs stellt weltweit die häufigste krebsbedingte Todesursache dar. Bis heute fehlt eine effektive Therapie. Forscherinnen und Forscher der FAU haben nun im Modell nachgewiesen, dass sich das Immunsystem besser für einen Kampf gegen Tumorzellen rüsten ließe, wenn man die Produktion des körpereigenen Botenstoffs Interleukin 6 fördert. Dieses Wissen könnte einen neuen Ansatz für eine Immuntherapie gegen Lungenkrebs liefern. Ihre Erkenntnisse haben die Forscher in der Fachzeitschrift Scientific Reports* veröffentlicht.
Neben der Bekämpfung von Krankheitserregern ist das Immunsystem grundsätzlich dazu fähig, krankhaft veränderte Zellen zu erkennen und zu beseitigen. Jedoch entgehen Krebszellen der Zerstörung durch das Immunsystem, weil sie eine ganz bestimmte Fähigkeit besitzen: Sie können die Bildung sogenannter regulatorischer T-Zellen fördern. Diese sind eigentlich für den Körper sehr wichtig, denn sie erkennen körpereigene sowie bestimmte der Umwelt entstammende Substanzen als ungefährlich, so dass der Organismus keine Antikörper gegen diese Stoffe ausbildet. So verhindern sie die Entstehung von Autoimmunerkrankungen oder Allergien. Bei Patienten mit Lungenkrebs allerdings können diese Zellen auch diejenigen Reaktionen des Immunsystems unterdrücken, die gegen den Tumor gerichtet sind. Hier könnten sinnvolle Immuntherapien ansetzen, indem sie die Bildung dieser T-Zellen eindämmen und damit gleichzeitig die Immunreaktion gegen den Tumor fördern und unterstützen.
Eine Vielzahl von Faktoren kann die Entstehung und Funktion regulatorischer T-Zellen im Körper kontrollieren; einer davon ist der Botenstoff Interleukin-6 (IL-6). Frühere Untersuchungen deuten darauf hin, dass IL-6 durch die Bindung an seinen Rezeptor (Interleukin-6 Rezeptor) eine Signalkette auslöst, die die Entstehung von regulatorischen T-Zellen vermindern kann.
Für diese Annahme haben die FAU-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Susetta Finotto, Professorin für Molekulare Pneumologie an der FAU, quasi nun einen Negativ-Beweis erbracht: Sie analysierten im Rahmen ihrer Studie die Immunantworten im Modell und unterbrachen dabei eben diese Signalkette. Sie bedienten sich dafür eines Antikörpers gegen den Interleukin-6 Rezeptor, der die Bindung von IL-6 verhindert. Als Resultat ließ sich im Modell in der Tat eine erhöhte Anzahl von regulatorischen T-Zellen beobachten, ebenso wie eine verstärkte Produktion von immununterdrückenden Faktoren, die an der Funktion von regulatorischen T-Zellen beteiligt sind. Dies unterstützt die Annahme, dass IL-6 die Entstehung und möglicherweise auch die Funktion zumindest einer spezifischen Art regulatorischer T-Zellen kontrolliert. Der Botenstoff erscheint damit als hochinteressantes Zielmolekül für eine Immuntherapie bei Lungenkrebs.
Neben den Untersuchungen im Modell sahen sich die Forscher im Rahmen ihrer Studie auch Proben von Patienten mit den unterschiedlichen Formen von Lungenkrebs an. Dabei stellte sich heraus, dass IL-6 bei den verschiedenen Krebsarten eine unterschiedlich große Rolle spielt. Das deutet darauf hin, dass auch bei einer möglichen Immuntherapie-Behandlung diese Unterschiede beachtet werden müssen. Insgesamt versprechen sich die Wissenschaftler von den Untersuchungen ein verbessertes Verständnis von Lungenkrebs und die Chance, einen neuen Ansatz für die Immuntherapie dieser Erkrankung zu definieren.
* Balabko, L., et al. (2014). „Increased expression of the Th17-IL-6R/pSTAT3/BATF/RoryT-axis in the tumoural region of adenocarcinoma as compared to squamous cell carcinoma of the lung.“ Scientific Report 2014; 4: 7396. doi: 10.1038/srep07396
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Susetta Finotto
Tel.: 09131/85-35883
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