Kann man Wissenschaft erzählen?
ELINAS-Ringvorlesung widmet sich den Schnittstellen zwischen Literatur und Naturwissenschaften
Zehn ganz unterschiedliche Perspektiven auf die überraschenden Verbindungen zwischen Wissenschaft und literarischem Erzählen eröffnen im Sommersemester 2015 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der FAU allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern: Unter dem Titel „Narrating Science: Wissenschaft erzählen“ diskutieren bei der Ringvorlesung des Forschungszentrums ELINAS herausragende Experten ungewöhnliche Fragen: Helfen Erzählstrategien, naturwissenschaftliche Theorien besser zu vermitteln? Ist Wissenschaftskommunikation, wie wir sie heute kennen, von literarischen Prinzipien abgeleitet? Wie sind die Naturwissenschaften in der Science Fiction-Literatur präsent – etwa bei Stanislaw Lem. Mit dabei: Wissenschaftstheoretiker Jürgen Mittelstraß und US-Wissenschaftler Bruce Clarke.
Naturwissenschaftliche Forschung ist von Formeln, Variablen und Zahlen geprägt. Ausgefeilte Argumentationen, rhetorische Kunstgriffe oder gar Erzählungen würde man auf den ersten Blick nicht erwarten. Auf den zweiten Blick jedoch lässt sich erkennen, dass Naturwissenschaften und Literatur zahlreiche Schnittstellen aufweisen. So wirft die interdisziplinäre Beschäftigung unterschiedliche Fragen auf: Welche Rolle spielen Erzählstrategien bei der Vermittlung naturwissenschaftlicher Theorien? Inwiefern helfen rhetorische Kunstgriffe bei der Veranschaulichung des Wissens? Welche Funktionen haben Bilder für die Wissensproduktion im kultur- und naturwissenschaftlichen Kontext? Und wie werden naturwissenschaftliche Theorien poetisch vermittelt? Prägen diese Theorien vielleicht gar literarische Strukturen und führen zu innovativen Schreibweisen in literarischen Texten? Die Ringvorlesung „Narrating Science – Wissenschaft erzählen“ wird im kommenden Sommersemester ein geeignetes Forum für die Suche nach Antworten und weiterführende Fragestellungen bieten: Forscherinnen und Forscher aus Wissenschaftstheorie und -geschichte sowie aus dem kultur- und sozialwissenschaftlichen Feld der Science and Technology Studies beleuchten in Vorträgen das Verhältnis von Natur- und Kulturwissenschaften.
Die beiden renommierten Gäste Jürgen Mittelstraß und Bruce Clarke werden zudem zwei Workshops für Studierende und Promovierende der FAU anbieten. Bruce Clarke diskutiert mit ihnen über Stanislaw Lems „Fiasco“ im dafür idealen Ambiente der Bamberger Sternwarte. Um „Physik – Fiktion- Narration“ dagegen geht es im Workshop mit Jürgen Mittelstraß.
Verantwortlich für die Möglichkeiten zum interdisziplinären Austausch ist das Erlanger Zentrum für Literatur und Naturwissenschaft (ELINAS), das sich genau diesem wechselseitigen Wissenstransfer widmet. Informationen zu den Workshops sowie zum Forschungszentrum generell finden sich auf http://elinas.fau.de.
Das Programm im Überblick:
- April 2015 – Jürgen Mittelstraß (Wissenschaftstheorie, Konstanz): Die kulturelle Form der Wissenschaft – wissenschaftstheoretische und wissenschaftshistorische Reflexionen
- Mai 2015 – Hans Christian Sinn (Neuere deutsche Literaturwissenschaft, Skt. Gallen): »Das Gehirn in die Hand übersetzen«. Literarische und wissenschaftliche Innovation bei Jean Paul
- Mai 2015 – Holger Schulze (Neurobiologie, FAU Erlangen): Sprache, Gehirn und Kreativität
- Mai 2015 – Aura Heydenreich (Neuere deutsche Literaturwissenschaft, FAU Erlangen): Poetik der Optik als ‚theatrum scientiarium‘. Kontroversen um die Embryogenese in E. T. A. Hoffmanns »Meister Floh«
- Juni 2015 – Hans Jörg Rheinberger (Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Berlin): Wissenschaftsgeschichte erzählen mit epistemischen Dingen
- Juni 2015 – Bruce Clarke (Paul Whitfield Horn Professor of Literature and Science, Texas Tech University): The Problem with Intelligence: The Disunity of the Sciences in Lem’s »Fiasco«
- Juni 2015 – Antje Kley (Literaturwissenschaft, Amerikanistik, FAU Erlangen): Wissenschaftskommunikation und literarisches Erzählen
- Juni 2015 – Carsten Könneker (Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftsforschung, KIT Karlsruhe, Chefredakteur Spektrum der Wissenschaft): Wissenschaftskommunikation – ein Modell und seine Bezüge zur Literatur
- Juli 2015 – John Holmes (English Literature, University of Reading, British Society for Literature, Science and the Arts): Evolutionary and counter-evolutionary narratives in Pound’s »Cantos«
- Juli 2015 – Michael Hampe (Wissenschaftsphilosophie, ETH Zürich): Erzählen und Erklären in der Kosmologie
jeweils montags um 19.15 Uhr im Kollegienhaus Raum 1.011
Weitere Informationen:
Dr. Aura Heydenreich
Tel.: 09131/85-22978
aura.heydenreich@fau.de
Prof. Dr. Klaus Mecke
Tel.: 09131/85-28441
klaus.mecke@physik.uni-erlangen.de