Zeitumstellung senkt Lebenszufriedenheit
In der Nacht zum 29. März wurde die Uhr auf Sommerzeit umgestellt und die Uhrzeiger rücken von 2 Uhr auf 3 Uhr vor. Jetzt ist es zwar abends eine Stunde länger hell, aber vor allem in der Woche nach der Zeitumstellung sind wir erst einmal deutlich unzufriedener – das haben Wirtschaftswissenschaftler der FAU unter Verwendung der Daten von zwei Langzeitstudien herausgefunden.
Ein Interview mit Daniel Kühnle vom Lehrstuhl für Statistik und empirische Wissenschaftsforschung der FAU.
Warum sind wir nach der Zeitumstellung unzufriedener?
Die Zeitumstellung wurde unter anderem eingeführt, damit es abends länger hell ist – dann wenn wir von der Arbeit kommen. Die Sommerzeit wirkt sich aber auch negativ aus: Zum einen fehlt vielen Menschen nach der Zeitumstellung eine Stunde Schlaf, was kurzfristig die Stimmung und Aufmerksamkeit beeinflussen kann. Darüber hinaus benötigt der Körper etwas Zeit, um sich an den neuen Rhythmus zu gewöhnen. Um diesen „Mini-Jetlag“ zu überwinden, benötigen die meisten Menschen ein paar Tage. Genau das finden wir auch in unserer Studie, und zwar dass die Lebenszufriedenheit in der Mitte der Woche nach der Zeitumstellung ihren Tiefpunkt erreicht und sich dann allmählich wieder erholt.
Trifft es die Langschläfer schlimmer als die Frühaufsteher?
Dazu können wir mit unserer Studie nichts Genaues sagen, da wir Früh- und Langschläfer in den Daten nicht identifizieren können. Dennoch haben wir untersucht, ob unterschiedliche Gruppen anders betroffen sind. So wäre zum Beispiel zu erwarten, dass berufstätige Eltern von kleinen Kindern viele Zeitrestriktion haben, bedingt durch Beruf und Betreuungspflichten, und daher stärker auf die Umstellung reagieren als zum Beispiel nicht erwerbstätige Menschen ohne Kinder, die wesentlich flexibler auf die Zeitumstellung reagieren können. Genau dieses Muster finden wir auch in den Daten wieder.
Wie äußert sich unsere Unzufriedenheit?
Wir messen Zufriedenheit mit Befragungsdaten aus dem Sozio-oekonomischen Panel. Die Befragten bewerten hier auf einer Skala von 0 bis 10, wie zufrieden sie derzeit „alles in allem“ mit ihrem Leben sind. Der Vorteil dieses Ansatzes besteht darin, dass die Befragten selbst entscheiden, was sie unzufrieden macht. Auf diese Weise können wir viele verschiedene Lebensumstände erfassen, die zur Unzufriedenheit beitragen. Dazu können zum Beispiel eigene Müdigkeit ebenso wie quengelnde Kinder zählen, denen die Umstellung zu schaffen macht.
Was können wir tun, um die Folgen der Zeitumstellung zu lindern?
In unserer Studie zeigen wir, dass Menschen mit stärkeren Zeitrestriktionen besonders von der Zeitumstellung betroffen sind. Daher plädieren wir für mehr zeitliche Flexibilität, vor allem am Arbeitsplatz, um betroffenen Menschen die Umstellung zu erleichtern. Als Beispiel wäre zu nennen, keine wichtigen Termine in die Morgenstunden nach der Zeitumstellung zu legen oder nach Absprache eine Woche Gleitzeit zu gewähren.
Ist nach einer Woche alles wieder beim Alten?
Wie bereits erwähnt ändert sich für einige Gruppen wenig, wie zum Beispiel für nicht erwerbstätige Erwachsene ohne Kinder. Für diese Gruppe ist im Durchschnitt bereits in der Woche der Zeitumstellung alles beim Alten. Für die Gruppen, die am stärksten reagieren, kehrt die Lebenszufriedenheit aber bereits in der zweiten Woche nach der Umstellung zum Ausgangsniveau zurück.
Sollte die Sommerzeit abgeschafft werden?
Soweit würden wir mit unserer Studie nicht gehen, da wir nur einen Teilaspekt der Folgen der Zeitumstellung betrachten. Um den Nettoertrag der Zeitumstellung evaluieren zu können, benötigt man eine volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Rechnung. Diese Rechnung kann unsere Studie nicht erbringen, dennoch liefert sie einen Beitrag zu den kurzfristigen Kosten gemessen an der Lebenszufriedenheit.
Zur Studie
Als Grundlage für die Studie „Using the life satisfaction approach to value daylight savings time transitions. Evidence from Britain and Germany“ dienten zwei Datensätze: Die Daten des Sozio-oekonomischen Panels, für das seit 1984 jährlich über 12.000 Privathaushalte in Deutschland befragt werden, sowie die Daten der britischen Langzeitstudie „Understanding Society“, ehemals das British Household Panel, die zwischen 2009 und 2012 erhoben wurden. Die Autoren verglichen die Angaben zur zwei Wochen vor und nach der Zeitumstellung.
Kuehnle, Daniel and Christoph Wunder (2015): Using the life satisfaction approach to value daylight savings time transitions. Evidence from Britain and Germany. SOEPpaper Nr. 744, Berlin.
Weitere Informationen:
Daniel Kühnle
Tel.: 0911/5302230
daniel.kuehnle@wiso.uni-erlangen.de