Licht: Weltrekord in Farbe

Brillante Quelle für weißes Licht: Eine photonische Kristallfaser haben Erlanger Max-Planck-Forscher so maßgeschneidert, dass sie aus einem infraroten Laserpuls Licht mit einem besonders breiten Spektrum erzeugen können. Dabei kommt es entscheidend darauf an, wie sich die hohlen Kanäle, die sich durch die Glasfaser ziehen, um den Faserkern anordnen. (Bild: Xin Jiang)
Brillante Quelle für weißes Licht: Eine photonische Kristallfaser haben Erlanger Max-Planck-Forscher so maßgeschneidert, dass sie aus einem infraroten Laserpuls Licht mit einem besonders breiten Spektrum erzeugen können. Dabei kommt es entscheidend darauf an, wie sich die hohlen Kanäle, die sich durch die Glasfaser ziehen, um den Faserkern anordnen. (Bild: Xin Jiang)

Eine photonische Kristallfaser erzeugt Licht vom ultravioletten bis zum mittleren infraroten Bereich des Spektrums

Bunter als ein Regenbogen ist das Licht, das Forscher des Max-Planck-Instituts für die Physik des Lichts und der FAU erzeugen. Die Wissenschaftler schicken einen infraroten Laserpuls mit niedriger Energie durch eine photonische Kristallfaser (PCF), die sie so maßgeschneidert haben, dass sich das Spektrum des Laserpulses stark verbreitert und der Puls als helles weißes Licht aus der Faser tritt. Das Spektrum erstreckt sich dabei vom besonders kurzwelligen ultravioletten Teil bis zum infraroten Bereich – ein Weltrekord. Photonische Kristallfasern werden ihrer ganzen Länge nach von hohlen Kanälen durchzogen, die sich symmetrisch um den Kern der Faser anordnen. Nun haben die Erlanger Forscher solche Glasfasern erstmals aus einem Material gefertigt, das anders als herkömmliches Quarzglas besonders widerstandsfähig gegen ultraviolette Strahlung, aber schwer zu verarbeiten ist. Das Licht mit dem Weltrekordspektrum könnte viele Untersuchungen in der biomedizinischen Forschung, in der Physik und der Chemie erleichtern oder gar erst ermöglichen.

Licht ist heute das wichtigste Werkzeug der Wissenschaft. Wenn Forscher etwa die biochemischen Prozesse in Krebszellen verfolgen wollen, strahlen sie Licht verschiedener Farben in die Zelle und suchen mithilfe leuchtender Proteine Möglichkeiten, Tumore zu stoppen. Auch chemische Reaktionen lassen sich mit Licht beobachten und sogar steuern. Und in der Physik geht ohne Licht nicht viel, schließlich entlockt es Atomen, Molekülen und Kristallen in spektroskopischen Methoden zahllose Informationen über deren Strukturen und Eigenschaften. Eine Lampe mit einem sehr breiten Spektrum dürfte daher viele Anwendungen finden, vor allem wenn sie mit den Qualitäten der Lichtquelle aufwarten kann, die Erlanger Forscher um Philip Russell, Direktor am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts und Inhaber des FAU-Lehrstuhl für Experimentalphysik, nun präsentieren.

Weißes Licht, das alle Wellenlängen, sprich Farben des sichtbaren Lichts enthält, lässt sich zwar auf vielfältige Weisen erzeugen. Wenn Russells Team sehr kurze, infrarote Pulse mit relativ niedriger Energie durch eine photonische Kristallfaser schickt, entsteht aber weißes Licht mit Rekordeigenschaften: „Mich begeistert am meisten, dass unser Licht einen so großen Teil des ultravioletten Bereichs im Spektrum abdeckt“, sagt Philip Russell. „Gerade dafür gab es bisher keine vergleichbare Lichtquelle.“ Erst jetzt könne man daher Moleküle in einem Bereich untersuchen, in dem alte chemische Bindungen gelöst und neue geknüpft werden.

Die Helligkeit des Lichts bleibt über das ganze Spektrum gleich

„Außerdem ist das Licht aus der PCF sehr hell, und zwar gleichbleibend über das ganze Spektrum“, so Russell. „Für Anwendungen ist das besonders wichtig.“ Denn in vielen Studien brauchen Wissenschaftler zwar Licht mit einer großen Farbpallette, sie scannen ihr Untersuchungsobjekt aber mit verschiedenen Wellenlängen durch. Zu diesem Zweck filtern sie nacheinander jeweils möglichst schmale Streifen aus dem Farbspektrum. Dabei büßt das Licht viel Helligkeit ein; damit es trotzdem noch intensiv genug ist, muss es ursprünglich also besonders hell sein.

Licht mit hohem UV-Anteil: Die Strahlung, die aus der photonischen Kristallfaser austritt, fächern die Erlanger Forscher mit einem Prisma auf ähnliche Weise auf, wie Wassertropfen Sonnenlicht zu einem Regenbogen brechen. Dabei erhalten sie ein Spektrum (oberer Teil des Bildes), das den sehr breiten ultravioletten Anteil der Strahlung zeigt (rechter Teil des Spektrums). Die normalerweise unsichtbare UV-Strahlung wird durch die Photolumineszenz, die durch das energiereiche UV-Licht induziert wird, sichtbar. An den sichtbaren Bereich (linker Teil des Spektrums) schließt sich der unsichtbare, sehr große infrarote Abschnitt des Spektrums an. (Bild: Xin Jiang)
Licht mit hohem UV-Anteil: Die Strahlung, die aus der photonischen Kristallfaser austritt, fächern die Erlanger Forscher mit einem Prisma auf ähnliche Weise auf, wie Wassertropfen Sonnenlicht zu einem Regenbogen brechen. Dabei erhalten sie ein Spektrum (oberer Teil des Bildes), das den sehr breiten ultravioletten Anteil der Strahlung zeigt (rechter Teil des Spektrums). Die normalerweise unsichtbare UV-Strahlung wird durch die Photolumineszenz, die durch das energiereiche UV-Licht induziert wird, sichtbar. An den sichtbaren Bereich (linker Teil des Spektrums) schließt sich der unsichtbare, sehr große infrarote Abschnitt des Spektrums an. (Bild: Xin Jiang)

Um das Licht zu erzeugen, das besonders weiß strahlt, weil es ausgesprochen bunt ist, reizte das Team von Russell die Möglichkeiten der photonischen Kristallfasern weit aus. Die hohlen Kanäle, die für photonische Kristalle charakteristisch sind, wirken zum einen wie Leitplanken für die Lichtwellen und führen das Licht so gut, dass wenig verloren geht. Zum anderen manipuliert der photonische Kristall in der Faser die elektromagnetische Strahlung. Dieses Wechselspiel von Licht und photonischem Kristall, können die Erlanger Forscher durch das Design der PCF meisterhaft steuern. „Das besonders breite Spektrum erhalten wir aus dem infraroten Puls, indem wir im Wesentlichen zwei Eigenschaften des Glases und der photonischen Kristalle ausnutzen“, erklärt Russell: „Zum einen ändert sich der Brechungsindex abhängig von der Intensität des Lichts. Zum anderen variiert die Geschwindigkeit der Lichtwellen mit ihrer Farbe.“

Ein fluoridhaltiges Glas macht die Faser beständig gegen UV-Licht

Mit ihrer Arbeit setzen die Erlanger Wissenschaftler aber nicht nur Maßstäbe bei der Manipulation von Licht, sondern auch in der Materialwissenschaft. Denn erstmals zogen sie eine photonische Kristallfaser aus einem Material namens ZBLAN, das aus fünf Fluoridsalzen besteht, statt aus Quarzglas. „Das galt bisher als unmöglich, weil man die Temperatur des Glases dafür konstanter halten muss, als es bisher möglich war“, sagt Xin Jiang, der die Fasern am Erlanger Max-Planck-Institut herstellte. Während sich PCF aus Quarzglas in einem Temperaturbereich von 300 Grad Celsius herstellen lassen, darf die Temperatur bei der Herstellung der Fasern aus ZBLAN nur um wenige Grad schwanken. „Wir haben es jetzt geschafft, die Temperatur des Glases so präzise einzustellen, dass wir daraus Fasern ziehen können.“

Gleichbleibend hell von ultraviolett bis infrarot: Die Intensität des breitbandigen Lichts, das sich mit einer photonischen Kristallfaser erzeugen lässt, bleibt über den gesamten Wellenlängenbereich mehr oder weniger gleich hoch – für Anwendungen ist das ein großer Vorteil. (Bild: Xin Jiang)
Gleichbleibend hell von ultraviolett bis infrarot: Die Intensität des breitbandigen Lichts, das sich mit einer photonischen Kristallfaser erzeugen lässt, bleibt über den gesamten Wellenlängenbereich mehr oder weniger gleich hoch – für Anwendungen ist das ein großer Vorteil. (Bild: Xin Jiang)

Auf das schwierige Material setzten die Wissenschaftler nicht ohne Grund. Quarzglas, das bislang als Material der Wahl für PCF galt, wird von UV-Licht schnell zerstört – eine Faser aus diesem Glas würde also nur für kurze Zeit helles Licht von infrarot bis ultraviolett spenden. „An der Faser aus ZBLAN haben wir dagegen keinerlei Schäden festgestellt, obwohl wir damit über mehrere Monate für einige Stunden täglich experimentiert haben“, sagt Xin Jiang. Nun liegt es also nicht mehr an der Ausdauer der PCF, sondern nur noch an der Ausdauer der Forscher, dass sie all die Experimente machen können, die mit einer brillanten, weißen Lichtquelle möglich werden.

Ihre Ergebnisse haben die Forscher in Nature Photonics (19. Januar 2015) veröffentlicht: doi:10.1038/nphoton.2014.320

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Philip Russell
Tel.: 09131/6877-300
philip.russell@physik.uni-erlangen.de

Dr. Xin Jiang
Tel.: 09131/6877-325
xin.jiang@mpl.mpg.de