Muskeln statt Motor
Sie laufen, tanzen und arbeiten sogar Seite an Seite mit Menschen zusammen: Humanoide Roboter bewegen sich inzwischen ähnlich wie Menschen. Aber: „Die Bewegungen von humanoiden Robotern sind fernab von dem, was ein natürliches System kann“, sagt Sebastian Reitelshöfer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik (FAPS). Der Grund: Wo der Mensch Muskeln nutzt, stehen den Robotern nur Elektromotoren zur Verfügung. Dadurch können humanoide Roboter Bewegungen bisher weder dämpfen noch abfedern, können nicht flexibel reagieren. Um das zu ändern, wollen Sebastian Reitelshöfer und sein Kollege Tristan Schlögl Roboter mit künstlichen Muskeln ausstatten.
Vorbild Mensch
Die Robotermuskeln bestehen aus speziell entwickelten Kunststoffstrukturen, die sich durch elektrische Spannung zusammenziehen, also ähnlich menschlichen Muskeln kontrahieren. Aufgebaut sind die Muskeln aus mehreren Schichten. Eine Schicht besteht aus leitfähigen Silikonlagen, die durch eine isolierende Silikonschicht getrennt sind. Wird elektrische Spannung zugeführt, zieht sich das Material zusammen, wodurch sich der Querschnitt vergrößert. Rund 10.000 Schichten benötigt ein einziger Muskel. „Die Schichten müssen dementsprechend sehr dünn sein und sie müssen gut zusammenhalten“, erklärt Reitelshöfer. Am FAPS forschen er und seine Kollegen, wie sie die Schichten am besten mit einem 3D-Drucker serienmäßig herstellen können.
Ist der Produktionsprozess geklärt, stellt sich die nächste Frage: Wie können die künstlichen Muskeln gezielt gesteuert werden? Daran forscht Tristan Schlögl vom Lehrstuhl für Technische Dynamik. Am Computer simuliert er, welche Spannung zu welchem Zeitpunkt auf die Muskeln angewendet werden muss, damit dieser die gewünschte Bewegung ausführt. Und das mit einigem Aufwand: „Bisher wurden für solche Simulationen meist vereinfachte Modelle verwendet. Die waren aber ungenau. In diesem Projekt beschreiben wir die grundlegenden Ebenen“, erklärt Schlögl.
Noch stehen Reitelshöfer und Schlögl am Anfang ihrer Forschungen, mit einem aus wenigen Lagen bestehenden Prototyp ihres künstlichen Muskels rechnen die beiden aber bis zum Jahr 2015.
Neugierig geworden?
Am Montag, 10. November, um 18.30 Uhr, hält Sebastian Reitelshöfer vom Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik einen Vortrag im Rahmen der Reihe „Wissenschaft auf AEG“. Titel des Vortrags: „Auf dem Weg zum Personal Robot“.
Weitere Informationen zu „Wissenschaft auf AEG“
Lust auf mehr interessante Themen?
Weitere Texte zur Forschung an der FAU finden sich im alexander – dem Magazin für Aktuelles an der FAU. Themen im aktuellen alexander sind neben den Robotermuskeln ein Gespräch mit der ersten und der aktuellen Frauenbeauftragten – wofür sie gekämpft haben und was sie sich für Frauen in der Wissenschaft wünschen, ein Pro und Kontra zum Freihandelsabkommen TTIP, eine Reportage über Fehler von Medizinstudenten, die zur Sicherheit von Patienten beitragen, ein Ausflug in den ehemaligen Karzer und ein Interview mit dem Erfinder der Ein-Dollar-Brille, der zugleich FAU-Absolvent ist.