Bald Impfstoff gegen Bilharziose?
T-Zellen als zentraler Faktor für die Behandlung der Wurmkrankheit identifiziert
Weltweit sind mehr als 200 Millionen Menschen mit Bilharziose infiziert. Die Krankheit tritt vor allem in tropischen Ländern auf. Ausgelöst wird sie von Würmern, deren infektiöse Larven in stehenden Süßgewässern leben. Die Krankheitserreger befallen die inneren Organe und schädigen sie stark – unbehandelt kann die chronische Bilharziose tödlich verlaufen. Trotz der weiten Verbreitung gibt es bis heute noch keinen Impfstoff gegen die Erkrankung. Das könnte sich ändern, denn Prof. Dr. David Vöhringer, Professor für Infektionsabwehr und Toleranz an der FAU hat jetzt einen Zelltyp identifiziert, der eine zentrale Funktion bei der Abwehr des Erregers spielt.
Die Gefahr lauert in tropischen Gewässern. Denn dort leben die Pärchenegel Schistosoma mansoni – Würmer, die sich durch die Haut bohren und Bilharziose auslösen. Sind die Parasiten in den Körper eingedrungen, leben sie hauptsächlich in den Venen des Darms. Von dort gelangen ihre Eier über den Blutkreislauf in sämtliche Organe des Wirts. „Das Immunsystem reagiert auf die Infektion zunächst mit Entzündungen. Davon können die Haut und das Nervensystem betroffen sein. Häufig treten auch Fieber und Schüttelfrost auf“, erklärt David Vöhringer. „Nach der Eiablage kommt es dann zur sogenannten anti-inflammatorischen Typ-2-Immunantwort. Sie sorgt dafür, dass die Eier, die sich im Gewebe festgesetzt haben, von Immunzellen umschlossen werden. So schützt sich der Körper vor Giftstoffen und verhindert überschießende Entzündungen.“
Organversagen bei chronischer Bilharziose
Selbst in diesem Stadium ist Bilharziose noch gut behandelbar, denn bewährte Medikamente und Therapien gibt es schon lange. Allerdings stehen sie in den Ländern, in denen die Krankheit endemisch auftritt, häufig nicht zur Verfügung. Unbehandelt nimmt die Bilharziose aber einen chronischen und schweren Verlauf. Denn das durch die Immunantwort gebildete Gewebe rund um die Eier – die sogenannten Granulome – schädigt die Organe. „Eigentlich will sich der Körper durch die Einkapselung der Eier schützen, aber die Granulome führen in den Organen zur vermehrten Bildung von Bindegewebe. Durch diese Fibrose können die Organe ihre Funktion nicht mehr wahrnehmen und versagen schließlich“, sagt Vöhringer. Deshalb könnten viele Menschenleben gerettet werden, wenn es einen Impfstoff gäbe, der den Ausbruch der Krankheit zuverlässig verhindert.
T-Zellen als Lebensretter
David Vöhringer hat jetzt entdeckt, dass ganz bestimmte Zellen bei der Bekämpfung der Krankheit eine wichtige Rolle spielen: „Damit sich die Typ-2-Immunantwort entwickeln kann, sind bestimmte Botenstoffe wichtig – die Interleukine. Sie können von verschiedenen Zellen des Immunsystems gebildet werden.“ Unklar war bisher, welche Zellen genau die wesentlichen Interleukinproduzenten im Verlauf der Wurminfektion sind. „Wir haben herausgefunden, dass die T-Zellen, die Interleukin 4 und Interleukin 13 produzieren, für die Granulombildung essenziell sind. Die T-Zellen fördern außerdem die Produktion von Antikörpern gegen die Würmer, sorgen für die Aktivierung von Fresszellen und verhindern damit einen schweren Verlauf der Krankheit.“
Gezielte Suche nach einem Impfstoff
Vöhringer konnte außerdem zeigen, dass Zellen, die bei anderen Wurminfektionen eine wichtige Rolle spielen, für den Verlauf der Bilharziose unbedeutend sind: „Weil auch die sogenannten basophilen Granulozyten – Zellen des angeborenen Immunsystems – in der Lage sind, Interleukin 4 und 13 bereitzustellen, dachte man bis jetzt, dass sie auch für die Abwehr der Bilharziose-Erreger wichtig sind. Das ist aber nicht der Fall.“ Erst die Entschlüsselung der genauen Signalwege bei der Entstehung der Krankheit macht nun die gezielte Suche nach einem Impfstoff möglich. David Vöhringer: „Wir wissen jetzt, dass wir bei der Entwicklung von Impfstoffen gegen Bilharziose bei den T-Zellen ansetzen müssen, denn sie produzieren die essenziellen Botenstoffe zur Aktivierung der Immunabwehr und können den Körper so vor Gewebeschädigung schützen.“
Die Forschungsergebnisse wurden nun in der renommierten amerikanischen Fachzeitschrift „The Journal of Immunology“ veröffentlicht.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. David Vöhringer
Tel.: 09131/85-32735
david.voehringer@uk-erlangen.de