Ein Mäntelchen aus Gold
Forscher beobachten die Entstehung einer goldenen Nanohülle um kleine Glaskugel – Grundlage für gezielte Partikelherstellung
Sie können, bestrahlt mit Infrarotlicht, im Körper eine immense Hitze abgeben, die Tumorzellen zu Leibe rückt oder sie können winzige Signale von Krankheitserregern verstärken: Schon seit einer Weile hat die Medizin goldbasierten Nanostrukturen ins Visier genommen, um Diagnostik und Therapien zu verbessern. Die ersten Tests sind vielversprechend. Doch nun heißt es, die Sensibilität und Wirksamkeit weiter zu verbessern. Partikeltechnologen der FAU haben – mit Hilfe verschiedener Spektroskopieverfahren – einen Durchbruch erzielt: Es gelang ihnen, den Wachstumsprozess der Partikel zu analysieren und zu ermitteln, wie man sie für bestimmte Anwendungen maßschneidern kann. Ihre Erkenntnisse haben die Forscher jetzt in der renommierten Fachzeitschrift ACS Nano veröffentlicht.*
Die Grundlage der Untersuchung sind mit Gold beschichtete Glaspartikel – winzig und für das Auge des Menschen nicht wahrnehmbar: 200 Nanometer misst ein solcher Glaspartikel und damit im Durchmesser etwa ein Hundertstel des menschlichen Haares. Die Goldbeschichtung ist mit etwa 15 bis 30 Nanometern noch einmal deutlich dünner. Partikel dieser Art können die Partikeltechnologen am Exzellenzcluster Engineering of Advanced Materials der FAU im Labor herstellen – etwa im Team von Prof. Dr. Robin Klupp Taylor, Dr. Björn Braunschweig und Prof. Dr. Wolfgang Peukert am Lehrstuhl für Feststoff- und Grenzflächenverfahrenstechnik (LFG). Um Prozesse zu etablieren, mit denen sich diese Nanohüllen aus Gold mit einer ganz besonderen optischen Qualität quasi serienmäßig produzieren lassen, müssen zunächst Verfahren entwickelt werden, mit denen sich alle Veränderungen an der Partikelgrenzfläche während des Wachstumsprozesses beobachten und dokumentieren lassen.
Spektroskopische Untersuchungen nutzen die Tatsache, dass elektromagnetische Strahlung je nach Energie eine Wechselwirkung mit Stoffen oder Molekülen eingeht. Sie gehören zwar zu den Standardverfahren der Material- und Prozessanalytik, doch sind Untersuchungen an verborgenen Grenzflächen – wie die von Partikeln in Lösung – extrem anspruchsvoll, da viele optische Methoden, mit denen solchen Grenzflächen üblicherweise zugänglich wären, unter anderem nicht die notwendige Empfindlichkeit für die wenigen Atom- beziehungsweise Molekül-Lagen an der Grenzfläche haben.
Aus diesem Grund ist deren Wechselwirkung mit Licht extrem schwach ausgeprägt. Daher haben die Forscher die Partikel während des Beschichtungsprozesses – und damit in verschiedenen Wachstumsstadien – mit ultrakurzen Laserimpulsen aus infrarotem Licht bestrahlt. Dieses wird nur an der Grenzfläche in seiner Frequenz verdoppelt, wobei sich zwei Photonen des infraroten Lichts zu einem Photon blauen Lichts verbinden: Das menschliche Auge sieht statt rotem Licht einfach blaues Licht. Die Art und Weise, wie und mit welcher Effizienz diese Verwandlung vonstatten geht, gibt Aufschluss über die Oberfläche der Goldschicht – wie sie entsteht, wie sie wächst, ob sie rau oder glatt ist.
Dabei haben die Forscher festgestellt, dass die Beschaffenheit der Nanohülle während des Wachstums extrem variiert – ebenso wie deren optischen Eigenschaften. Die höchste Intensität – so die Beobachtung der FAU-Wissenschaftler – erreicht der optische Effekt dieser„Rot-Blau-Verwandlung“ jeweils kurz, bevor die Hülle sich an einer Stelle schließt. Die Forscher führen dies darauf zurück, dass sich zwischen den isolierten „Gold-Inseln” der Hülle starke elektrische Felder aufbauen, die wieder verschwinden, wenn die Goldinseln zu einer geschlossenen Hülle verschmelzen.
Weiterhin ist es auch entscheidend, dass es den FAU-Forschern gelungen ist, diese Analysen in situ vorzunehmen – also nicht nur nach deren Entstehung etwa unter einem Rasterelektronenmikroskop, sondern während die Nanohülle der Partikel in Lösung wächst. Mit diesen Erkenntnissen lässt sich das Wachstum der Goldhüllen gezielt steuern und gestalten, wovon sich die Forscher völlig neue Möglichkeiten zur Erzeugung und Kontrolle der Oberflächenstrukturen – auch für andere Metalle –versprechen. Damit ließen sich künftig andere Anwendungen wie neuartige Pigmente, Katalysatoren oder Lichtverstärker für photovoltaische Anwendungen herstellen und optimieren.
*ACS Nano. 02/2014; doi: 10.1021/nn500729r
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Robin N. Klupp Taylor
09131/85-20369
robin.klupp.taylor@fau.de