Angriff auf die Kraftwerke von Leukämiezellen
Die European Hematology Association fördert ein Forschungsprojekt der Medizin 5 mit 240.000 Euro
Die chronisch lymphatische Leukämie (CLL) ist die häufigste Leukämieform im Erwachsenenalter. Ihren Höhepunkt erreicht sie zwischen dem 60. und 80. Lebensjahr. Mehrere Tausend Menschen erkranken in Europa jährlich. Die einzige Therapie, die dauerhafte Heilung verspricht, ist die Knochenmarktransplantation von einem gesunden Spender. PD Dr. Dimitrios Mougiakakos von der Medizinischen Klinik 5 – Hämatologie und Internistische Onkologie (Direktor: Prof. Dr. Andreas Mackensen) des Universitätsklinikums Erlangen der FAU untersucht nun den veränderten Stoffwechsel der Krebszellen, der nach ersten Erkenntnissen nicht nur ihr Vorteil, sondern auch ihre entscheidende Schwachstelle sein könnte. Das Forschungsprojekt wird in den kommenden drei Jahren von der European Hematology Association (EHA) mit 240.000 Euro gefördert.
Wenn Patienten mit einer CLL eine Behandlung benötigen, gilt es häufig, zwei wichtige Hürden zu überwinden. Das oftmals fortgeschrittene Alter der Patienten kann dazu führen, dass die wirksamsten, zugleich aber auch nebenwirkungsreicheren Substanzen, nicht in vollem Umfang eingesetzt werden können. Zudem deuten die neuesten Forschungsergebnisse darauf hin, dass bis zu 10 Prozent der behandelten Patienten eine Therapieresistenz entwickeln, also nicht mehr auf die Behandlung mit Chemotherapeutika ansprechen.
In diesem Zusammenhang wird die Rolle des Stoffwechsels der Tumorzellen, des sogenannten „Tumor-Metabolismus“, immer stärker diskutiert: Krebszellen gewinnen ihre Energie bevorzugt durch die Milchsäuregärung von Zuckern und nicht unter Sauerstoffverbrauch in den Mitochondrien – den Kraftwerken der Zelle. Mittlerweile ist eine Vielzahl von Störungen im Bereich des Stoffwechsels von bösartigen Zellen beschrieben, die eine entscheidende Rolle bei der Entstehung und Ausbreitung dieser Krebszellen spielen.
Stoffwechsel als Schwachstelle
Diese metabolischen Veränderungen verleihen den Tumorzellen zum einen Wachstumsvorteile und können direkt oder indirekt dafür sorgen, dass die Krebszellen schlechter auf eine Chemotherapie ansprechen. Gleichzeitig könnte aber gerade der veränderte Stoffwechsel auch die verwundbare Stelle von Tumorzellen darstellen. Die vorläufigen Ergebnisse von PD Mougiakakos’ Forschung legen nahe, dass beträchtliche Störungen innerhalb der Mitochondrien der CLL-Zellen vorliegen. „Nun gilt es, die verantwortlichen biologischen Prozesse besser zu verstehen, um zielgerichtet in den Stoffwechsel der CLL einzugreifen und die Tumorzellen so von ihrem Energienachschub abzuschneiden“, erklärt der Mediziner.
Dabei liegen seiner Ansicht nach vor allem zwei Vorteile auf der Hand: Die ausgeprägte Abhängigkeit der Tumorzellen von bestimmten Stoffwechselveränderungen macht sie besonders empfindlich gegenüber Eingriffen in ihren Energiehaushalt. Da sich der Stoffwechsel von Tumorzellen stark von dem gesunder Zellen unterscheidet, könnten diese Eingriffe zudem sehr gezielt, also schonender für den Patienten durchgeführt werden. „Unsere Forschung soll dazu beitragen, die Behandlungsstrategien gegen die CLL mittelfristig zu verbessern. Ein gezielter Angriff auf die Energieversorgung der bösartigen Zellen soll uns dabei helfen, möglichst nur diese effizient zu zerstören, Mechanismen der Therapieresistenz zu umgehen und möglichst individualisierte Behandlungskonzepte zu entwickeln.“
PD Dr. Dimitrios Mougiakakos forschte als Postdoktorand mit einem Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft für dreieinhalb Jahre am Karolinska Institut in Stockholm (Schweden). Hier arbeitete er in der Gruppe von Prof. Rolf Kiessling, dem Erstbeschreiber der natürlichen Killerzellen, insbesondere an Stoffwechselveränderungen, die die Immunantworten im Tumorpatienten negativ beeinflussen können. Seit seiner Rückkehr 2011 leitet PD Mougiakakos die Max-Eder-Nachwuchsgruppe der Deutschen Krebshilfe für „Translationale Tumor- und Transplantationsimmunologie“ an der Medizinischen Klinik 5 – Hämatologie und Internistische Onkologie des Uni-Klinikums Erlangen.
Weitere Informationen:
PD Dr. Dimitrios Mougiakakos
Tel.: 09131/85-43172
dimitrios.mougiakakos@uk-erlangen.de