Vorsichtiger Optimismus – Iran und der Westen auf einem möglichen Weg zur Annäherung

Christian Wolff
Christian Wolff (Bild: FAU)

FAU-Politikwissenschaftler Christian Wolff zum Atomabkommen mit Iran

Am Wochenende einigten sich die fünf UN-Veto-Mächte und Deutschland mit Iran auf ein Atomabkommen: Iran verpflichtete sich dazu, die Urananreicherung bei fünf Prozent zu belassen. Im Gegenzug lockert der Westen Sanktionen gegen das Land. Welche Chancen und Risiken das Abkommen birgt, erklärt Christian Wolff vom Institut für Politikwissenschaft an der FAU.

Das Atomabkommen zwischen den USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland mit Iran offenbart die Notwendigkeit der westlichen Mächte, neue Partner für den Aufbau einer Sicherheitsstruktur im mittleren Osten zu finden.

Der Atomkonflikt mit Iran, so scheint es, hat sich von einer rein konfrontativen Phase in eine eher konstruktive Lage gewandelt. Dieser Kompromiss – wird er denn eingehalten – ist Ausdruck sich verändernder geopolitischer Handlungsmöglichkeiten im zentralasiatischen Raum: So müssen die EU und die USA dringend Verbündete finden, die mit der veränderten Sicherheitslage an den Grenzen Afghanistans umgehen können. Gerade nach dem Abzug der westlichen Truppen aus Afghanistan müssen die EU und USA alles daran setzen, die indirekte Allianz zwischen Taliban und Iran zu durchbrechen. Denn man darf nicht vergessen, dass Iran sich in der Vergangenheit um stärkeren Einfluss auf seine östlichen Nachbarn bemüht hat. Dieses Bestreben wird die Verhandlungen vor dem Hintergrund des Truppenabzuges maßgeblich beeinflusst haben.

Ein weiterer Konflikt, der in einem gewissen Sinne als Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und Iran verstanden werden kann, findet gerade in Syrien statt. Hier gilt es, zu einer Befriedung zu kommen. Dies kann nur gelingen, wenn Iran seine Unterstützung für das Assad-Regime schrittweise zurückfährt. Der Atomkompromiss ist hier ein erster Schritt hin zu einer möglichen diplomatischen Lösung der Spannungen zwischen Iran und Saudi-Arabien. Beide Seiten dürften bei einer möglichen Lösung jedoch daran interessiert sein, zum einen ihr Gesicht in der Weltöffentlichkeit zu wahren. Zum anderen kann ein nur einseitiges Einlenken entweder Saudi-Arabiens oder Irans nicht erwartet werden. Iran weiß hier um seine Rolle und wird sein geopolitisches Gewicht bei weiteren Verhandlungen entsprechend in die Waagschale werfen.

Der Atomkompromiss hat neben außenpolitischen Bedingungen auch innenpolitische Begründungen in Iran. Die zunehmend fragile Situation der iranischen Wirtschaft, das Aufbegehren einer sehr jungen Bevölkerung und die politische Isolation haben ihre eigene Dynamik entwickelt. Wie sich solche Bewegungen innenpolitisch ausdrücken können, hat die iranische Führung am Beispiel der Umbrüche in Ägypten, Tunesien und Libyen von 2011 gesehen. Sollte es Iran nicht gelingen, die prekären ökonomischen Zustände im Land positiv zu verändern, drohen dem Regime möglicherweise Proteste. Zwar sieht sich das iranische Regime noch in der Lage, Aufstände zu unterdrücken, doch macht auch vor der iranischen Gesellschaft ein Wandel hin zu mehr politischer und wirtschaftlicher Teilhabe nicht halt. Durch die vorläufige Aufhebung der Sanktionen bekommt Iran nun Zugriff auf sein Auslandsvermögen und kann auf milliardenschwere Entlastungen hoffen. Kurz gesagt: Der wirtschaftliche und gesellschaftliche Druck kann durch das Atomabkommen kanalisiert werden.

Kritisch anzumerken ist, dass Iran schon viel zu oft hat verlauten lassen, dass er nukleare Entwicklungen nur zivil nutzen wolle. Die latent vorhandene Israelfeindlichkeit, die trotz der letzten Entspannungsbemühungen Irans immer noch eine zumindest populistisch wirksame Konstante der iranischen Außen- und Innenpolitik darstellt, ist eine Gefahr für die Sicherheit der Region. So ist die Frage der nuklearen Auf- bzw. Abrüstung trotz des jetzigen Abkommens keineswegs geklärt.

Es bleibt deshalb zu hoffen, dass mit dieser diplomatischen Initiative ein möglicher Entspannungsprozess zwischen Iran und den westlichen Staaten eingeleitet wird, der letztlich zu beiderseitigem Nutzen ausgehen kann. Es bleibt dabei, diese Entwicklungen mit der gebotenen Zurückhaltung kritisch, jedoch nicht ohne einen gewissen Optimismus zu betrachten.

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Christian Wolff
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christian.wolff@fau.de