Forschen in der Heimat der DNA
Die ehemalige FAU-Studentin Kerstin Göpfrich forscht an der Elite-Universität Cambridge und lernt dabei so manch ungewohnte Bräuche kennen und lieben. Im Interview berichtet sie von Harry-Potter-Abendmahlen und von Gummientenrennen aber auch von einem neuen Gemeinschaftsgefühl.
James Clerk Maxwell, Ernest Rutherford, James Watson, Francis Crick – sie alle haben am Cavendish Laboratory der Universität Cambridge geforscht und gelehrt. Was haben Sie gedacht, als Sie dort zum ersten Mal durch die Tür gegangen sind?
Das erste, was mir am Eingang des Cavendish Laboratory ins Auge gefallen ist, war ein Bildschirm: „Home to DNA“. Natürlich ist es motivierend, an diesem historischen Ort selbst an DNA zu forschen.
Und jetzt, über ein halbes Jahr später?
…hängt ein Foto von meinem Jahrgang neben denen von Maxwell, Rutherford und all den anderen. Ob das unter Druck setzt? Ich glaube, heute ist Cambridge einer von vielen Orten, an denen exzellente Forschung betrieben wird. Und das ist auch gut so. Auch wenn auf dem Foto vielleicht kein Nobelpreisträger von morgen ist.
Von Erlangen nach Cambridge – woran mussten Sie sich erst gewöhnen?
An einige Rituale – Abendessen ganz wie bei Harry Potter, ständige Feueralarm-Tests, aber auch verrückte Traditionen wie das jährliche Gummientenrennen auf der Cam. Das Leben eines Studenten findet hier viel mehr in und um die Universität statt. Man lebt am ‚College‘, verbringt seine Freizeit in ‚Societies‘ – Vereinen, die von der Uni getragen werden. Was ich daran schätze, ist, dass man sich viel mit Studenten aus anderen Fachbereichen austauscht.
Sie haben ein Gates Cambridge Scholarship erhalten. Wie schwierig war es, an ein solches Stipendium zu kommen?
Ich hatte das Glück, sowohl von der FAU als auch von meinem Betreuer hier viel Unterstützung zu erhalten. Das hat mir sicherlich geholfen und dafür bin ich dankbar. Außerdem passt die soziale Ausrichtung des Stipendiums gut zu meinen Interessen: Neben der Physik beschäftige ich mich mit gerechter Entwicklung. Zusammen mit meinem Freund Karl habe ich ‚AidReversed‘ gegründet, um Ideen zu sammeln, was die westliche Welt von Entwicklungsländern lernen kann und wie Entwicklungsländer wiederum davon profitieren könnten. Dennoch war ich überrascht, dass es bei ‚Gates‘ geklappt hat.
In Cambridge untersuchen Sie, wie Medikamente mit Hilfe von dreidimensionalen DNA-Strukturen dorthin gelangen, wo sie wirken sollen. Was fasziniert Sie an diesem DNA-Origami?
Vor 60 Jahren hat der Physiker Richard Feynman überlegt, was wohl geschehen würde, wenn wir Atome so anordnen könnten, wie wir wollen. Mit DNA-Origami ist diese Vision real geworden – wir können aus DNA jedes beliebige Objekt auf der Nanoskala bauen. Ich bin gespannt auf die neuen Möglichkeiten und freue mich auf eine Reise der Ideen!
Wie lautet Ihr größter (wissenschaftlicher) Wunsch?
Wissenschaft wird immer spezieller und komplizierter. Ich wünsche mir, dass Wissenschaft nicht den Experten vorbehalten wird, sondern dass ein Austausch über die Disziplinen hinweg stattfindet. Ich wünsche mir auch, dass die Gesellschaft mehr an Wissenschaft teilhaben kann, damit technische und gesellschaftliche Entwicklung nicht auseinander laufen.