Dr. Frank Walthes
Der Vorstandsvorsitzende der Versicherungskammer Bayern im Interview
Dr. Frank Walthes studierte von 1985 bis 1991 Volkswirtschaftslehre an der FAU. Anschließend promovierte er über den Europäischen Finanzausgleich. Seinen beruflichen Werdegang startete er 1996 bei der Allianz Versicherungs-AG. Es folgten Fach- und Führungsaufgaben innerhalb der Allianz-Gruppe.
In den Jahren 2003 bis 2005 verantwortete er als Mitglied des Vorstands das Firmenkundengeschäft der Frankfurter Versicherungs-AG. Danach leitete er bei der Allianz Deutschland als Bereichsvorstand den operativen Versicherungsbetrieb.
Von 2009 bis 2010 schließlich war Dr. Frank Walthes Vorsitzender der Geschäftsleitung für die Region Bayern, danach Vorstandsmitglied für das Ressort Betrieb der Allianz Deutschland. Seit Mai 2012 ist Walthes Vorstandsvorsitzender des Konzerns Versicherungskammer Bayern. Das Unternehmen ist bundesweit der größte öffentliche Versicherer und beschäftigt rund 6500 Mitarbeiter.
Was sind Ihre schönsten Erinnerungen an Ihre Zeit an der FAU?
Ich habe viele schöne Erinnerungen. Zum einen an die Stadt Nürnberg selbst, die ich nach wie vor für eine der schönsten Städte Deutschlands halte. Außerdem verbinde ich mit dieser Zeit viele Kontakte und Menschen, die mich nicht nur an der FAU und auf meinem weiteren beruflichen Lebensweg begleitet haben, sondern mir auch persönlich viel bedeuten. So sind meine beiden Kinder in Nürnberg geboren.
Meine praxisorientierte Diplomarbeit beschäftigte sich mit der regionalen Dimension des Europäischen Binnenmarktes und den Auswirkungen auf die Metropolregion Nürnberg. Besonders gerne erinnere ich mich an die Exkursionen des Volkswirtschaftlichen Institutes im Rahmen unserer Diplomanden- und Doktoranden-Seminare oder die Evaluierungen für ‚Prüf den Prof’ mit dem ausgezeichneten Feedback der Studenten während meiner Assistentenzeit.
Seit Mai 2012 sind Sie der Vorstandsvorsitzende des größten öffentlichen Versicherers. Vor welche Herausforderung stellte Sie die Übernahme des Vorstandsvorsitzes?
Ich habe in einer wirklich spannenden Zeit die Verantwortung für den Konzern Versicherungskammer Bayern übernommen. Es gibt viele Herausforderungen, oder Chancen, wie ich sie gerne nenne. Wesentlich dabei ist für mich, Bewährtes mit dem bestehenden Vorstandsteam weiterzuführen, den Wert unseres Unternehmens nachhaltig zu steigern und gemeinsam unsere Marktführerschaft unter den aktuellen Rahmenbedingungen in unseren Geschäftsgebieten in Bayern und der Pfalz, dem Saarland und der Region Berlin-Brandenburg weiter auszubauen. Das Marktumfeld eines Versicherers der Regionen bietet dafür viele Möglichkeiten und hat im Kreise der gesamten öffentlichen Versicherer eigene und sehr spannende Mechanismen, die es zu beherrschen gilt.
Als Vorstandsvorsitzender der Versicherungskammer Bayern haben Sie einen vollen Terminkalender. Was sind für Sie Momente der Ruhe nach einem anstrengenden Arbeitstag?
Die Zeit außerhalb der beruflichen Verpflichtungen verbringe ich gerne mit sportlichen Aktivitäten. Je nach Jahreszeit mit Skifahren im Winter, noch habe ich eine gültige Trainer B-Lizenz für Ski-alpin, und im Sommer mit Aktivitäten in den Bergen oder an den fränkischen und bayerischen Seen. Aber auch die eine oder andere Lehrverpflichtung im studentischen Umfeld sorgt für den nötigen Ausgleich. Als Altstipendiat der Hanns-Seidel-Stiftung bin ich weiterhin als Prüfer in der Auswahlkommission für neue Stipendiaten tätig.
Auch das Mentorat an der Elite-Akademie Bayern bringt mich mit Studierenden aus verschiedenen bayerischen Fakultäten zusammen. Aber eine besondere Freude und Verpflichtung ist es für mich, im Kuratorium des Alumni-Vereins afwn (Alumni, Freunde und Förderer am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften Nürnberg e.V.) mitzuwirken.
Welche Grundlagen für Ihren erfolgreichen beruflichen Werdegang stammen aus dem Studium und Ihrer Promotion an der FAU? Wer oder was hat darüber hinaus noch zu Ihrem beruflichen Erfolg beigetragen?
Wichtig für meinen beruflichen Werdegang waren natürlich meine akademische Ausbildung am Volkswirtschaftlichen Institut der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, meine (Auslands)Praktika und meine beiden Auslandssemester in Frankreich. Aber auch meine Studien- und Forschungsschwerpunkte im Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie der Finanzwissenschaften mit Forschungsaufenthalten bei den Europäischen Institutionen waren prägend und wegweisend.
Ferner hatte ich das große Glück, bereits als studentischer Mitarbeiter an der Klassiker-Edition der Nationalökonomie mitarbeiten zu dürfen. Noch heute stehen die 108 Faksimile-Bände der Erstausgaben der Klassiker unseres ökonomischen Denkens im Bücherschrank meines Büros. Das ist wohl mein Fundament für das Erkennen und Gestalten wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Zusammenhänge. Ebenso wichtig waren für mich die Menschen, die mich begleitet und unterstützt, mich gefordert und gefördert haben.
Sie vergeben dieses Jahr ein Deutschlandstipendium an eine/n begabte/n Studierende/n der FAU. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Professor Dr. Karl-Dieter Grüske hat in seiner Eigenschaft als Präsident der FAU nicht nur die Vertreter der bayerischen und deutschen Wirtschaft, sondern auch seine ehemaligen Diplomanden und Doktoranden angeschrieben und auf diese vielversprechende Initiative hingewiesen.
Fundraising und Sponsoring gehören zu jedem erfolgreichen Unternehmen. Auch die Versicherungskammer Bayern benötigt in Zukunft gut ausgebildete Nachwuchskräfte für zahlreiche Fach- und Führungsaufgaben. Insofern freue ich mich sehr darüber, dass die Versicherungskammer Bayern mit Hilfe eines Deutschlandstipendiums die bereits vorhandene ideelle Förderung der FAU nun um eine materielle Unterstützung ergänzt.
Welche Rolle spielen Netzwerke in Ihrem Leben?
Eine große Rolle. Ich bin davon überzeugt, dass man nur durch den interdisziplinären Austausch Erkenntnisse sammelt und an herausfordernden Aufgaben wächst. Netzwerke geben neue Denkanstöße und in schwierigen Entscheidungssituationen die richtige Hilfestellung. Sie erweitern den Lösungsraum. Von Schule und Studium, über Beruf bis hin zum gesellschaftspolitischen Engagement befördern gerade Netzwerke unseren individuellen Wirkungskreis.
Welche Erwartungen haben Sie an heutige Absolventen, die sich bei der Versicherungskammer Bayern bewerben?
Sie sollten Interesse an Kunde, Markt und Produkt zeigen. Widrigkeiten als Teil des Lebens akzeptieren und Herausforderungen annehmen. Mit ihnen lernt man und an ihnen wächst man. Eine gute praktische und akademische Qualifizierung ist leider fast schon selbstverständlich.
Was am Ende aber zählt, ist die operative Exzellenz am Kunden. Dazu gehört auch der Wille, etwas bewegen zu wollen und keine Angst zu haben, auch Fehler zu machen. Damit sollte es möglich sein, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen. Sie sollten aber auch die Freude mitbringen, sich neue Dinge zu erarbeiten und flexibel sowohl im Hinblick auf die Tätigkeiten als auch den Einsatzort sein. Mein Motto hierzu lautet: Lehrjahre im Konzern sind Wanderjahre in der Praxis.
Welche Ratschläge können Sie Absolventen für ihren Berufsstart geben?
Es sollte sich jeder über seine eigene Werteordnung im Klaren sein und danach handeln, da Gutes nur mit innerer Überzeugung gelingen kann. Mein Rat ist: im Denken und Handeln stets authentisch bleiben.
Vielen Dank, dass Sie sich für unser Interview Zeit genommen haben.
Interview: Karina Prüßing (Juni 2013)