Zwei Starting Grants für die FAU

Collage aus den Portrait-Bildern von Jana Hutter und Philipp Pelz
Physiker Philipp Pelz und Mathematikerin Jana Hutter werden mit dem Starting Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC) ausgezeichnet. (Bilder: Georg Pöhlein)

Mathematikerin Jana Hutter und Physiker Philipp Pelz erhalten Förderung des ERC

Für ihre Arbeit zur Verbesserung von Bildgebungsverfahren in Medizin und Materialwissenschaft werden zwei Forschende der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) mit dem begehrten Starting Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC) ausgezeichnet. Prof. Dr. Jana Hutter will neuartige MRT-Verfahren entwickeln, die kontrastreichere Bilder des lebenden Organismus liefern. Prof. Dr. Philipp Pelz optimiert Bildgebungs- und Analysemethoden der Elektronenmikroskopie, um mehr über die Struktur von Materialien auf der atomaren Skala zu erfahren. Der ERC Starting Grant ist mit bis zu 2,5 Millionen Euro dotiert und umfasst einen Förderzeitraum von fünf Jahren.

Will lebendes Gewebe detailreicher abbilden: Prof. Dr. Jana Hutter

„Bislang legen wir den Organismus lahm, um gute Bilder zu bekommen“, sagt Jana Hutter. „Mein Ziel ist es, die Bildgebungsverfahren an die Bewegung des Körpers anzupassen.“ Die Professorin für Smart Imaging and Data Profiling an der FAU forscht zu pathologieorientierter Modellierung und den physikalischen Grundlagen der Magnetresonanztomografie (MRT). Im Rahmen ihres ERC-geförderten Projekts EARTHWORM konzentriert sie sich auf Krankheiten des Darms und der Gebärmutter, beispielsweise Morbus Crohn und Adenomyose. „Gerade bei Adenomyose dauert es oft Jahre, bis diese Erkrankung diagnostiziert wird, weil die Symptome unspezifisch sind“, erklärt die Mathematikerin. Erschwerend für die Diagnose sei, dass die betreffenden Organe medikamentös ruhiggestellt werden, um möglichst hochaufgelöste und detailreiche MRT-Bilder zu erhalten. Das verhindere einen Einblick in die dynamischen Prozesse, die ein wichtiger Teil der Ätiologie dieser Erkrankungen sind.

Hutter will die MRT-Technologie so weiterentwickeln, dass diese Ruhigstellung nicht mehr notwendig ist. Dafür kombiniert sie klassische MRT-Geräte mit Sensoren, die innerhalb von Millisekunden auf Bewegungen der Organe reagieren, den Aufnahmevorgang entsprechend anpassen und verschiedene Kontraste zu einem Bild zusammenführen. Unterstützt wird dieser Prozess von künstlicher Intelligenz: „Wir werden die KI mit tausenden anonymisierten MRT-Bildern trainieren, die im Uniklinikum Erlangen archiviert sind“, erzählt Hutter. „Die Algorithmen des maschinellen Lernens helfen uns dabei, Bewegungsunschärfen zu kompensieren und aussagekräftige Bildbefunde zu erhalten.“

An ihrer Forschung reizt Jana Hutter besonders, dass sie nicht nur Technologien entwickelt und optimiert, sondern auch mit Patientinnen und Patienten arbeiten kann. „Ich habe bei Siemens in Erlangen zu MRT-Technologien promoviert und bin anschließend an das King’s College in London gegangen, genauer gesagt an das St. Thomas‘ Hospital“, sagt sie. „Hier habe ich in verschiedenen Projekten gearbeitet, die sich vorwiegend mit der Gesundheit von Frauen und der Entwicklung von Föten und Neugeborenen befasst haben.“ Die Nähe zum klinischen Alltag bleibt Jana Hutter auch in Erlangen erhalten, ebenso die Verbindung nach London: Ihre ehemalige Arbeitsgruppe am King’s College ist auch in das neue ERC-Projekt involviert.

Jana Hutter hat 2006 in Erlangen ihren Bachelor und 2011 in Rennes (Frankreich) ihren Master in angewandter Mathematik erworben. Nach ihrer Promotion zur MR-Angiographie-Rekonstruktion ging sie an das King’s College London, wo sie zu funktioneller MR-Bildgebung insbesondere bei Frauen, Föten und Neugeborenen geforscht hat. Seit 2023 ist Hutter Professorin für Smart Imaging and Data Profiling an der FAU

Will Geheimnisse strahlenempfindlicher Materialien lüften: Prof. Dr. Philipp Pelz

„In die atomare Ebene zu schauen und zugleich alles über die beteiligten Elemente zu erfahren – das ist ein Traum der Materialwissenschaft“, sagt Philipp Pelz. Der Professor für Computational Materials Microscopy an der FAU will diesem Traum ein Stück näherkommen: In seinem vom ERC geförderten Projekt HyperScaleEM entwickelt er Methoden für die atomare 3D-Bildgebung großer Volumen mithilfe von Elektronenmikroskopen. Dabei geht es ihm einerseits um sehr leichte Elemente, etwa Wasserstoff und Sauerstoff, die mit bisherigen Methoden kaum detektierbar sind. Schwer zu charakterisieren sind zweitens Legierungen, in denen die enthaltenen Elemente einen ähnlichen Kontrast zeigen und daher nur schwer voneinander zu unterscheiden sind. „Ein dritter Bereich ist die Nano- und Quantenelektronik“, erklärt Pelz. „Hier werden die Strukturen so klein, dass die dreidimensionalen Positionen und Bindungen einzelner Atome eine große Rolle spielen. Diese will ich sichtbar machen.“

Gelingen soll das durch eine Optimierung sowohl der Technik als auch der Bildgebungsalgorithmen. „Dank der Förderung kann ich optimale Ausrüstung anschaffen, zum Beispiel ein Spektrometer“, erzählt Philipp Pelz. „Außerdem arbeiten wir mit Kameras, die Elektronen direkt aufnehmen können, ohne Umweg über Lichtsignale.“ Gleichzeitig forscht Pelz an computergestützten Bildgebungs- und Analysemethoden. Dabei nutzt er neueste Erkenntnisse des maschinellen Lernens. „Elektronenmikroskope liefern eine Vielzahl von Bildgebungskanälen. Wir wollen möglichst viele Informationen aus den Daten gewinnen, indem wir diese Kanäle miteinander korrelieren. Im Ergebnis sollen Elektronenmikroskope autonomer werden und komplexe Proben dreidimensional in atomarer Auflösung abbilden.

Das ERC-Projekt bietet Philipp Pelz die ideale Möglichkeit, seine wissenschaftlichen Interessen miteinander zu verbinden. Er hat sich bereits in seiner Promotion mit Elektronenmikroskopie beschäftigt und zuvor Physik und Informatik in München studiert. „Für mich ist das die perfekte Kombination: Man braucht die Physik, um zu verstehen, wie die Daten im Mikroskop zustande kommen, und die Informatik, um daraus Informationen abzuleiten.“ Dass er nun in Erlangen forscht, ist auch eine Rückkehr in die Heimat: Pelz ist in Nürnberg aufgewachsen und hat sein Abitur am Melanchthon-Gymnasium gemacht.

Philipp Pelz hat Informatik und angewandte Physik an der TU München, Chemie an der Universität Montpellier (Frankreich) und Materialwissenschaften an der Universität Turin (Italien) studiert. 2018 promovierte er am Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie in Hamburg zu Computer-Bildgebung und Elektronenmikroskopie. Von 2019 bis 2022 war er Postdoktorand am Department of Materials Science & Engineering,University of California, Berkeley (USA). Seit 2022 ist Pelz Professor für Computational Materials Microscopy an der FAU.

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